Gastkommentar in Die Welt: Denkmalschutz für das "Parlament der Bäume"
Zu dem Kunstwerk gehörten drei Bereiche: die 16 Bäume, die von den Ministerpräsidenten gepflanzt wurden und die die Bundesländer des vereinten Deutschlands symbolisieren, das grüne Denkmal "Europa Erde Werde", das dem Neubau des Bundespressehauses weichen musste, und das Ensemble der 400 Bäume. Diese waren im Herbst 1990 anlässlich der ersten Plenarsitzung im Reichstag von den Senatorinnen und Senatoren aus Ost- und West-Berlin entlang dem Kolonnenweg gepflanzt worden.Wegen des Baus von Bundespressehaus und Marie-Elisabeth-Lüders-Haus stehen dort nur noch 100 Bäume. Der Kolonnenweg und 30 Mauersegmente sind aber an ihrem historischen Ort noch erhalten. Teile des Mauermahnmals wurden in die Bundestagsbibliothek integriert, auch im Bundespressehaus ist der Verlauf der Mauer markiert. Nach der Umgestaltung wegen der Neubauten hat Ben Wagin das Kunstwerk durch den berühmten Spruch von Michail Gorbatschow ergänzt: "Wer zu spät kommt, den bestraft das Leben".
Für den Senat von Berlin gehört das Kunstwerk, das von Ben Wagin übrigens seit Jahren unentgeltlich gepflegt wird, als Ort der künstlerischen Auseinandersetzung mit dem Fall der Mauer zum Gedenkstättenkonzept. Weil es damals nicht unter Denkmalschutz gestellt wurde, war es jedoch kein verbindlicher Planungsbestandteil für die Neubauten des Regierungsviertels. Deshalb gibt es heute einen Bebauungsplan, der das Grundstück als Baufläche ausweist. Dank Ben Wagins Initiative gibt es nun die einmalige Chance, im neu erbauten Regierungsviertel mit authentischen Mauerresten an die Spaltung und deren Überwindung zu erinnern. Der Berliner Senat möchte sie wahrnehmen, der Bund will auf sein Baurecht nicht verzichten. Um diese Hängepartie zu beenden, sind Senat und Bundesregierung aufgefordert, das "Parlament der Bäume" in das gemeinsame Gedenkstättenkonzept zu integrieren und unter Denkmalschutz zu stellen.