Der Sachverständigenrat für Umweltfragen (SRU) hat heute in einer Pressekonferenz das Sondergutachten „Fluglärm reduzieren – Reformbedarf bei der Planung von Flughäfen und Flugrouten“ vorgestellt. Darin stellt der SRU erhebliche Defizite bei der Planung und Genehmigung von Flughäfen und Flugrouten fest. Dazu erklärt Michael Cramer, verkehrspolitischer Sprecher der Grünen im Europäischen Parlament:
"Der Sachverständigenrat für Umweltfragen hat heute in seinem Gutachten einmal mehr verdeutlicht, dass eine aktive Lärmreduzierung bei der Gestaltung einer nachhaltigen und beständigen Luftverkehrspolitik unerlässlich ist. Verbindliche Lärmgrenzwerte, die Lärmreduzierung an der Quelle und nicht zuletzt auch die Einführung von Nachtflugverboten sind sinnvolle und richtige Maßnahmen, wenn es um den Gesundheitsschutz der in der Nähe von Flughäfen lebenden Menschen geht.
Das heute vorgestellte Gutachten bestätigt einmal mehr die Richtigkeit des eingeleiteten Vertragsverletzungsverfahrens der Europäischen Kommission gegen Deutschland [1]. Die Bundesregierung muss endlich die Kritik der EU ernst nehmen und beim deutschen Recht kräftig nachbessern. Notwendig ist demnach eine Umweltverträglichkeitsprüfung auch für Flugrouten. Dass EU-Recht gilt für alle Mitgliedsstaaten der EU und muss auch in Deutschland befolgt werden. Zudem dürfen Transparenz und eine aufrichtige Öffentlichkeitsbeteiligung nicht weiter gehemmt werden.
Zwar plant Bundesverkehrsminister Dobrindt wohl demnächst eine Revision des deutschen Luftverkehrsgesetzes, um die Klage gegen Deutschland vor dem Europäischen Gerichtshof abzuwenden. Jedoch sind, entsprechend den mir vorliegenden Informationen, nach wie vor keine ernsthaften Bestrebungen erkennbar, um das Luftverkehrsgesetz im Sinne der BürgerInnen zu gestalten.
So gibt es immer noch keine Vorschläge zur Verbesserung des Lärm- und Gesundheitsschutzes. Und auch die Schwierigkeiten mit den unterschiedlich zuständigen Behörden werden nicht gelöst: Für die Planung der Flughäfen sollen nämlich weiterhin die Bundesländer verantwortlich sein, während die Aufsicht über die Flugrouten beim Bund bleibt. Anders als bei den Bundesstraßen, den Autobahnen sowie den Wasserstraßen gibt es auch künftig bei der Luftverkehrsplanung keine Bundesverantwortung, die jedoch längst überfällig ist."
[1] Im Oktober 2013 reichte die Europäische Kommission ein sogenanntes Vertragsverletzungsverfahren beim Europäischen Gerichtshof gegen Deutschland ein, weil aus ihrer Sicht deutsche Bürger sich nur unzureichend gegen Umweltprobleme bei Bauprojekten wehren können. Konkret geht es um die Beachtung der Flugrouten im Planfeststellungsverfahren. Die EU-Kommission hatte zuvor Deutschland gerügt, dass das deutsche Luftverkehrsgesetz für die Gebiete des An- und Abflugs keine Umweltverträglichkeitsprüfung vorsieht. Außerdem wird nach Ansicht der Kommission in Deutschland bei der Planfeststellung die Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie verletzt, weil in Deutschland bisher keine Umweltverträglichkeitsprüfung durchgeführt wird.
Die Pressemitteilung der Europäischen Kommission vom 17.10.2013 finden Sie hier.