Übermüdungsgefahr; Das Europaparlament verkürzt die Arbeitszeit von Piloten – ein bisschen

10. Oktober 2013 zur Übersicht

Ein Artikel von Javier Cáceres, erschienen am 10.10.2013 in der Süddeutschen Zeitung.

Brüssel – Das Europaparlament hat am Mittwoch die umstrittenen neuen Vorschriften zur Arbeitszeit von Flugzeugpiloten gebilligt. Das Plenum lehnte einen Antrag der Grünen und der Linksfraktion ab, einen Vorschlag der Europäischen Kommission abzulehnen, der unter anderem die Nachtflugzeiten auf elf Stunden begrenzt. Das sind zwar 45 Minuten weniger als bisher erlaubt sind. Allerdings hatten Kritiker, darunter diverse Pilotengewerkschaften wie „Cockpit“ aus Deutschland, moniert, dass die Kommission die Erkenntnisse einer wissenschaftlichen Studie missachtet, die eine Nachtflugzeit von höchstens zehn Stunden für vertretbar hält. Für Kontroversen sorgte auch, dass Bereitschafts- nicht als Arbeitszeiten gelten und damit die eingestandenermaßen zumindest theoretisch die Möglichkeit besteht, dass Piloten ihre Schicht beenden, nachdem sie inklusive Bereitschaft 22 Stunden am Stück wach waren.

 

Transportkommissar Siim Kallas begrüßte das Votum als einen „Sieg des gesunden Menschenverstandes.“ Für Aufregung sorgte Kallas mit Manövern hinter den Kulissen. Kallas hatte der Europäischen Transportgewerkschaft ETF am Vorabend des Votums noch informelle Zugeständnisse gemacht. Die ETF ließ daraufhin ihre Vorbehalte gegen den Kommissionsvorschlag fallen. Die Änderungen lagen den Abgeordneten aber nicht schriftlich vor, eine Reihe von Gegnern der neuen Vorschriften wanderten ins Lager der Befürworter. Ein Versuch, die Abstimmung noch in letzter Minute noch zu verschieben, scheiterte allerdings im Plenum. „Ich bin sehr erfreut, denn dieses Votum ebnet strengeren, europaweiten Regeln den Weg“, sagte Kallas. Einer der schärfsten Kritiker der neuen Vorschriften, der verkehrspolitische Experte der Grünen im Europaparlament Michael Cramer, sagte: „Der Gesetzesvorschlag der EU-Kommission ist nicht nur unsozial, er ist auch gefährlich. Schon heute ist jeder fünfte Zwischenfall auf übermüdete Piloten zurückzuführen“.

 

Zu den Verbesserungen der Richtlinie zählt die Begrenzung der Bereitschaftsdienste auf 16 Stunden. Bisher war sie in Europa nicht einheitlich geregelt. In einigen Ländern liegt sie bei 26 oder sogar 28 Stunden. Die höchstzulässigen Flugzeiten sollen von 1300 auf 1000 Stunden pro Jahr verringert werden. „Natürlich hat jede Interessengruppe Maximalforderungen, aber mit dieser Neuregelung bekommen wir eine konkrete Verbesserung für Piloten, Flugbegleiter und mehr Sicherheit für die Passagiere“, sagte der stellvertretende Vorsitzende des Verkehrsausschusses des EU-Parlaments, der CDU-Abgeordnete Dieter-Lebrecht Koch.