Deutscher Europaparlamentarier: Grenze in den
Köpfen überwinden - Von Stephanie Lob, AFP
gerade einen Reiseführer veröffentlicht hat. Der "deutsch-deutsche Radweg", den Cramer beschreibt, ist Teil eines von ihm angeregten
Großprojekts: Ein 6800 Kilometer langer Radwanderweg entlang des Eisernen Vorhangs.
Der 58-Jährige Verkehrsexperte, der seit drei Jahren für die Grünen im Europaparlament sitzt, hat jahrelang für sein Projekt getrommelt. Mit Erfolg: Noch in diesem und im kommenden Jahr können Kommunen und Regionen EU-Fördermittel für den Ausbau des Radwegs mit dem englischen Namen Iron Curtain Trail abrufen. Die Schirmherrschaft hat der ehemalige sowjetische Präsident Michail
Gorbatschow übernommen. Im kommenden Jahr soll auch dazu ein Buch erscheinen.
Von der Barentssee in Nordfinnland bis zum Schwarzen Meer soll sich der Radwanderweg erstrecken. 19 Staaten, darunter zwölf EU-Mitglieder, beteiligen sich an dem Projekt. In Deutschland läuft die Strecke von Travemünde an der Ostsee bis zum Dreiländereck an der Grenze zu Tschechien und Österreich. Was in Deutschland fehle, sei eine durchgehende Beschilderung, sagt Cramer - wie es sie an dem von ihm mitgegründeten Mauer-Radweg in Berlin bereits gibt. Ihm schweben Tafeln mit blauem Hintergrund und den zwölf Sternen der Europafahne vor. Dazu wünscht er sich Hinweistafeln, die die Geschichte des jeweiligen Ortes erläutern.
Damit könnte der Radweg für den studierten Lehrer Cramer zur "lebendigen Geschichtswerkstatt" werden, gerade für die nach dem
Mauerfall geborene Generation. An Geschichtsbewusstsein mangele es an Teilen der 730 Kilometer langen deutschen Strecke, sagt der
gebürtige Westfale, der ab 1975 in West-Berlin lebte und für die Grünen im Abgeordnetenhaus saß. "An manchen Stellen gibt es keinen Hinweis darauf, dass jemals eine Mauer stand. Das finde ich grausig."
Zum Nationalfeiertag am 3. Oktober wünscht sich Cramer, dass die Grenze in den Köpfen schwindet. "Die nächste Generation wird es
anders machen", glaubt er. Ob das auch für Mödlareuth gilt? Im Ost- und Westteil des Ortes gibt es heute noch unterschiedliche
Postleitzahlen, Telefonvorwahlen und Fahrzeugkennzeichen. Und es gibt zwei Bürgermeister - einen für die bayerische, einen für die thüringische Seite.