Single-Airport in Schönefeld schnell realisieren!

13. November 2003 zur Übersicht

Die Region Berlin-Brandenburg braucht einen profitablen Flughafen und nicht drei, von denen zwei nicht ausgelastet sind. Rede im Abgeordnetenhaus am 27.09.2001

Anrede,

Die neue rot-grüne Landesregierung hält sich an den Konsens-Beschluss, der im Mai 1996 vom damaligen Bundesverkehrsminister Matthias Wissmann (CDU), dem Brandenburgischen Ministerpräsidenten Manfred Stolpe (SPD) und dem Berliner Regierenden Bürgermeister Eberhard Diepgen (CDU) unterschrieben wurde. Demnach soll Schönefeld zum Single-Airport ausgebaut, Tempelhof spätestens mit Rechtskraft der Planfeststellung und Tegel mit Fertigstellung des Schönefeld-Ausbaus geschlossen werden.

Nach dem rot-schwarzen Gezerre über das zukünftige Luftverkehrskonzept gibt es nun wieder Berechenbarkeit, Klarheit und Einigkeit.

Bekanntlich war ja die CDU vom Konsensbeschluss abgerückt. Sie fordert die Offenhaltung von Tegel und Tempelhof. Die CDU ist deshalb zum größten Risiko für die Schließung der innerstädtischen Flughäfen geworden. Zudem stellt sie damit unter Beweis, dass "pacta sunt servanda" - Verträge sind einzuhalten - für sie nicht gilt.

Neue Töne kamen- neben einer Berliner Einzelmeinung - auch aus Brandenburg: Ministerpräsident Stolpe rückte die Forderung nach einem Großflughafen in die Nähe von Größenwahn. Recht hat er, denn er übernahm nicht nur die bündnisgrüne Position. Auch CDU-Minister Wissmann spottete schon damals über das "Märchenschloss". Herr Steffel, denken Sie bitte nach, bevor Sie lospoltern! Denn Herr Wissmann hat recht:

Ihre Vorstellung vom Berliner Großflughafen ist der reine Größenwahn!
Die zentrale Frage ist aber doch die, ob das erwartete Fluggastaufkommen, mit dem sich ein Großflughafen rechnet, auch tatsächlich eintritt.

Im Geschäftsjahr 2000 schrieben zwei der drei Flughäfen tiefrote Zahlen: Während Tegel einen Gewinn von 114 Mio. DM erwirtschaftete, verzeichnete Tempelhof ein Minus von 21 Mio. und Schönefeld sogar ein Minus von 56 Mio. DM. Herr Steffel, nicht nur die Schulden der Bankgesellschaft, auch die der beiden Flughäfen zahlen die Berliner Steuerzahler. Im Gegensatz zu Ihnen wollen wir mit dem Single-Airport in Schönefeld nicht nur die Bevölkerung in Pankow und Spandau, in Tempelhof und Lichtenberg vom Fluglärm befreien, sondern alle Berlinerinnen und Berliner auch von einer schweren Finanzlast!
Deshalb: Die CDU-Vorstellung von drei Flughäfen in dieser Region ist nicht nur ökologisch sondern auch ökonomisch nicht zu verantworten.

Wir vergessen aber auch nicht die Menschen in Schönefeld, die durch den neuen Flughafen zusätzlich belastet werden. Deshalb wollen wir dort den Lärmschutz verbessern und das Nachtflugverbot durchsetzen.

Was in Frankfurt am Main real existiert, darf in Schönefeld nicht unmöglich sein!
Gerne wird immer wieder auf London verwiesen. Übersehen wird dabei jedoch, dass dort jährlich 130 Millionen Fluggäste gezählt werden, in Berlin mit etwa 13 Millionen nur ein Zehntel. Für einen Großflughafen mit Drehkreuzfunktion ist die märkische Region einfach zu dünn besiedelt.

Mit den 50 Millionen Fluggästen in Frankfurt am Main kann sich Berlin ebenfalls nicht messen. Dort umfasst der Einzugsbereich mit 20 Millionen Einwohnern das Vierfache von Berlin und Brandenburg. Leere Slots, dort heiß begehrt, werden hier wie Sauerbier angeboten. Während von Frankfurt pro Woche 600 interkontinentale Ziele direkt angeflogen werden, sind es in Berlin lediglich 30. Der Umsteigeverkehr in Frankfurt liegt bei 60 %, in Berlin beträgt er nur 3 %. Zudem gibt es in Berlin 60 % Kurzstreckenflüge unter 600 km, die sukzessive durch die Fertigstellung der schnellen Eisenbahn-Verbindungen reduziert werden.

Trotz alledem: Bündnis 90/Die Grünen wollen ebenso wie die SPD einen leistungsfähigen Flughafen und die Einbindung Berlins in den internationalen Flugverkehr.

Entscheidend für die Leistungsfähigkeit eines Flughafens ist die Kapazität der Abfertigungsanlagen. Sie liegt in Schönefeld derzeit nur bei 4 Mio. Fluggästen pro Jahr. Die 800.000 jährlichen Fluggäste in Tempelhof lassen sich übrigens schon heute nach Schönefeld verlagern, weil dieser Airport nur zu einem Drittel ausgelastet ist.

Im Flächennutzungsplan, der 1994 für Gesamt-Berlin im Abgeordnetenhaus unter der Federführung von CDU und SPD beschlossen wurde, ist Tempelhof schon nicht mehr als Flughafen enthalten. Bis auf die CDU wollen ihn auch alle Parteien schließen. Für die Nachnutzung der Fläche hat Senator Strieder ein Konzept entwickelt, dass auf die jahrzehntelange Funktion als Flughafen Rücksicht nimmt. Der "Park der Luftbrücke" behält die Weite und Offenheit des Tempelhofer Feldes, wodurch auch der stadtklimatische Faktor gesichert wird.
Die neue Parkanlage wird die Lebensqualität in Nord-Neukölln und Tempelhof entscheidend verbessern.
Es wird nicht möglich sein, in der dünn besiedelten Region von mehreren Standorten aus Direktflüge über den Atlantik anzubieten, die sich wirtschaftlich rechnen. Da es weder ein nationales, geschweige denn ein europäisches Luftverkehrskonzept gibt, bleiben nur zwei Alternativen: Kooperation der Flughäfen miteinander oder mörderische Konkurrenz gegeneinander, die zu Lasten der Steuerzahler und der Sicherheit der Fluggäste ausgetragen würde. Wir wollen die Kooperation, wobei das wichtige Bindeglied die Bahn wäre.

Die Verkehrsanbindung der Flughäfen ist deshalb von größter Bedeutung. In Schönefeld wird die Integration des zukünftigen Terminal-Bahnhofs in das Eisenbahnnetz so realisiert, dass der Flughafen von allen Himmelsrichtungen mit der Schiene erreichbar ist. Auch die Anreise wird optimiert. Wie im Londoner Bahnhof Paddington-Station wird es auch am Lehrter Bahnhof ein Voll-check-in für alle Airlines geben, so dass in Zukunft die Flugreise am Lehrter Bahnhof und nicht am 25 Kilometer entfernten Flughafen beginnt.

Ein überdimensioniert ausgebauter Flughafen in der märkischen Region hätte zur Folge, dass alle Anstrengungen unternommen werden müssten, um möglichst viele Menschen in möglichst viele Flugzeuge zu bekommen, damit er wirtschaftlich rentabel ist. Dies stünde aber im eklatanten Widerspruch zu den ökologischen Anforderungen, zu denen sich die Bundesregierung, die Bundesländer und auch die Stadt Berlin hinsichtlich der CO2-Reduzierung verpflichtet haben.

Absurd verhält sich die PDS. Gregor Gysi ist für Sperenberg aber gegen Schönefeld, Jutta Matuscheck ist gegen alles, Harald Wolf für den Konsensbeschluss. Gysis bunte truppe muss sich mal entscheiden was sie will.
Die PDS-Position ist derzeit ebenso realitätsfern wie die der CDU. Beiden Parteien fehlt die klare Linie!

Die Schadstoffemissionen, die zu 80 % bei Start und Landung entstehen, belasten die Umgebung der Flughäfen. Über den Wolken werden sie in die Stratosphäre emittiert und zerstören dort die Ozonschicht, ein Garant für das Leben auf dem Planeten Erde.

Auch deshalb darf der Flugverkehr nicht unermesslich wachsen, er muss auf das Notwendige reduziert werden!

Von den Befürwortern des über-dimensionierten Ausbaus wird immer wieder auf die Funktion als "Job-Maschine” hingewiesen. Das Rad des Flughafens wird in Berlin aber nicht neu erfunden. Die Arbeitsplätze und auch die Beschäftigten sind bereits vorhanden. Deshalb ist eher ein Verlust von Arbeitsplätzen zu befürchten. Wahrscheinlich darf man zufrieden sein, wenn niemand wegen der mstrukturierung entlassen wird.

Irritationen gab es in den vergangenen Jahren zuhauf. Die Entscheidungen des OLG Brandenburg sind mir bis heute unerklärlich. Dagegen ist die Entscheidung des Gerichts in Frankfurt/Oder nachvollziehbar. Die gerügten Mängel müssen unverzüglich behoben werden.

Das Planfeststellungsverfahren verläuft teilweise chaotisch. Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen unterstützt deshalb die Auffassung von Senator Strieder, nach der die Schließung von Tempelhof und Tegel rechtsverbindlich und einklagbar im Planfeststellungs-Beschluss verankert werden soll.
So wurde übrigens seinerzeit in München verfahren, so wollen wir es heute auch in Berlin halten.

Unabhängig vom Planfeststellungsverfahren für den Bau des Single-Airports läuft die Privatisierung. Das Angebot des Bieterkonsortiums, dafür lediglich 50 Mio. DM zu bezahlen, ist in der Tat ein unsittliches Angebot. Insbesondere vor dem Hintergrund, dass vor drei Jahren noch 650 Mio. DM geboten wurden. Die Privatisierung soll doch die Öffentliche Hand entlasten. Nun sollen die Risiken beim Staat verbleiben und nur die Gewinne privatisiert werden.

Eine solche Privatisierung ist eine Mogelpackung, eine solche Privatisierung lehnen wir ab!

Der Senat und die Holding haben klug gehandelt, das Angebot zunächst abzulehnen. Denn die Öffentliche Hand ist nicht erpressbar und die drei Gesellschafter haben Alternativen:

Bei der ersten Alternative wird das Angebot von Hochtief und IVG endgültig abgelehnt, das Planfeststellungsverfahren zuende geführt. Bei der folgenden Neuausschreibung können sich auch die Bieter bewerben, die früher vom Verfahren ausgeschlossen wurden, weil sie bei der Planung beteiligt waren. Dazu gehört z.B. die British Airways, die sich mit Daimler Benz und Dornier in einer Bietergemeinschaft beworben hatte.

Bewerben sich mehrere, wäre der Staat in einer besseren Verhandlungsposition!

Die zweite Alternative ist die nüchterne Kaufmannsrechnung. Zu prüfen wäre, ob mit den Gewinnen aus Tegel und den Erlösen aus der Flughafengebühr - eine Lizenz zum Gelddrucken - die Gesamtbilanz für die öffentliche Hand günstiger ist als das unsittliche Angebot der Bieter. Ist das der Fall, sollten die drei Gesellschafter den Flughafen lieber selber bauen.

Sie sehen, meine Damen und Herren, die Fraktion von Bündnis 90/Die Grünen geht völlig unideologisch an die Privatisierung heran. Genaue Zielvorstellungen haben wir aber für die innerstädtischen Flughäfen. Deshalb:

Tegel und Tempelhof müssen geschlossen, der Konsensbeschluss muss schnellstmöglich realisiert werden.