Schweizer Ausnahmen abgesichert

20. Februar 2019 zur Übersicht

Artikel erschienen in "Neue Luzerner Zeitung" am 20.2.2019

Wenn es um die leistungsabhängige Schwerverkehrsabgabe (LSVA) geht, gerät Michael Cramer, EU-Abgeordneter der Grünen und Verkehrsexperte, ins Schwärmen. Die LSVA sei das «Modell für ganz Europa», so Cramer. Dies im Gegensatz zum deutschen Ansatz, wo Lastwagen nur ab 7,5 Tonnen Gesamtgewicht, jahrelang lediglich auf Autobahnen und erst ab Juli 2018 auch auf Bundesstrassen besteuert werden.

Aber auch in Österreich schielt man auf die Schweiz. Als das Land 1994 der EU beitrat, verpflichtete es sich, nach einer Übergangsfrist von rund zehn Jahren ein eurokompatibles Mautsystem für LKWs einzuführen. Bis heute aber schwelt ein Streit zwischen Wien und Brüssel um den alpenquerenden Transitverkehr vor sich hin. Vor allem in der Region Tirol erklingt immer wieder der Ruf nach einem Deckelung.

Besser wurde es auch nicht, als ein Teil des Schweizer Verkehrs nach der Einführung der LSVA auf den österreichischen Brenner ausgewichen ist. Ein an gewisse Emissionsklassen gekoppeltes Nachtfahrverbot von 22 bis fünf Uhr und ein Wochenendfahrverbot kennt aber auch unser östlicher Nachbar. Die LSVA und weitere Spezialregelungen im Geist der Alpenschutz-Initiative wurden von der Schweiz gegenüber der EU im Landverkehrsabkommen von 1999 abgesichert. Diese Schweizer Spezialitäten sollen auch beim Abschluss eines institutionellen Rahmenabkommens Bestand haben.

Im Verhandlungsergebnis erwähnt ist die 40-Tonnen-Limite, das Kabotageverbot, das Nacht- und Sonntagsfahrverbot, keine Erhöhung der Strassenkapazitäten (insbesondere durch die zweite Gotthardröhre) und die LSVA. Bei Streitigkeiten über diese Regelungen wäre explizit kein EU-Recht betroffen und eine Auslegung durch den Europäischen Gerichtshof nicht erforderlich.