Radhauptweg ist seit zehn Jahren vom Land gefordert

02. April 2019 zur Übersicht

Artikel erschienen am 2.4.2019 in "Freies Wort"

Das Nein aus Sonneberg hatte sich zur Januar-Sitzung bereits abgezeichnet. Schon damals hatte das Landratsamt einen Beschluss vorgelegt, der dem Kreistag ein Nein zur gemeinsamen Verwaltungsvereinbarung von neun Landkreisen und kreisfreien Städten empfahl. Wie berichtet, geht es dabei ums Vorhaben einer Radroute, die auf südlicher Seite von Eisenach, über Bad Liebenstein und Suhl, weiter nach Schleusingen, Eisfeld und Schalkau bis Sonneberg verläuft. Von der Spielzeugstadt sollen Rad-Touristen dann nordwärts via Steinach, Lauscha und Neuhaus nach Saalfeld, Ilmenau und über Ohrdruf zurück zum Ausgangspunkt in Eisenach geleitet werden. 400 Kilometer misst die Strecke, die sich somit für längere Urlaubstouren eignen würde. Angestrebt ist eine Verknüpfung von Thüringer Wald und überregional bedeutsamen Sehenswürdigkeiten nebst Städten entlang der Trasse.

Die zugehörige Verwaltungsvereinbarung hätte nun die beteiligten Gebietskörperschaften verpflichtet, diese "Thüringer Waldrand-Radroute" als touristisches Produkt zu entwickeln, dessen Qualität dauerhaft zu erhalten und das ganze obendrein professionell zu bewerben. Im ersten Entwicklungsschritt sollten dabei Kosten für ein Werbekonzept in Höhe von 60 000 Euro anfallen, für die eine 90-Prozent-Förderung in Aussicht steht. Weitere 50 000 Euro in 2020 und dann immer 25 000 Euro in den Folgejahren sollten - anteilig umgelegt auf die neun Partner - für Qualitätssicherung, Marketing und "Pflege der Organisationsstruktur" zugesagt werden. Eine Entscheidung verkniff sich der Sonneberger Kreistag im Januar.

Vielmehr wurde das Papier auf Antrag von Ulrich Kurtz (GfS) aus dem Rennen genommen und dem Ausschuss für Kreisentwicklung und dem Hauptausschuss überantwortet. Doch bei der Ehrenrunde kam nicht mehr viel heraus. Auch zur vergangenen Sitzung blieb der Grundton skeptisch. Wirtschaftsausschuss-Vorsitzender Wilhelm Rainer Häusler (CDU) wiederholte die Gründe. Danach zuckt sich der Landkreis, aus eigenen Mitteln Marketing betreiben zu sollen. Bislang wird derlei nur im Rahmen der freiwilligen Aufgaben beim Betrieb des Spielzeugmuseums geleistet. Ansonsten bediene man sich für den touristischen Außenauftritt des Regionalverbundes oder des Tourismusvereines Coburg.Rennsteig. Doch jenseits der eher prinzipiellen Überlegungen sprach Häusler vom Unwillen des Kreises, einen Radweg herstellen und unterhalten zu sollen, den es bislang nicht gibt.

Angesprochen war damit der Umstand, dass zwar eine als Steinachtal-Radroute ausgeschilderte Trasse von Steinach nach Blechhammer und weiter bis Hüttengrund existiert, diese aber seit Jahren in einem dermaßen lausigen Zustand ist - gefährliche Abbruchkanten zum Fluss hin, Ausschwemmungen durch Hangwasser, schlechte Befahrbarkeit durch Geröll, Äste und Laub -, dass man sie besser niemandem anbietet, geschweige denn anpreist. "Derzeit", so fasste Häusler zusammen, "macht ein Beitritt keinen Sinn." Was aber nicht bedeuten würde, sich nicht weiter mit der Thematik beschäftigen zu wollen. Schließlich komme ein ausgebautes Radnetz nicht nur Touristen, sondern auch den Einheimischen zugute. Als konkrete Alternative zum Holterdipolter über Stock und Stein kam Häusler auf den "Iron Curtain Trail" zu sprechen, ein europäisches Radwegeprojekt, welches an der vormaligen Zonenrandgrenze entlangführt. Deutlich mehr Sinn würde es demnach machen, hier eine Anbindung nach Saalfeld zu etablieren, anstatt auf einen Lückenschluss zwischen Neuhaus und Sonneberg zu hoffen, von dem niemand wisse, ob er jemals kommt.

Das Wörtchen "derzeit" nahm Marianne Reichelt (Linke) zum Anlass, einen letzten Vorstoß zu wagen. Die Neuhäuser Alt-Bürgermeisterin warb, das Wort doch in den Beschlusstext aufzunehmen - wohl um nicht alle Brücken zu den Nachbarn abzureißen. Der Kreistag verzichtete auf eine solche "Derzeit"-Ergänzung. Die Eindeutigkeit solle gewahrt bleiben. Damit die Nachbarn tatsächlich wissen, woran sie mit Sonneberg sind, untermauerte der Kreistag den Beschluss dann auf breiter Basis. Es blieb bei zwei Nein-Voten von Reichelt und Heidi Büttner (Grüne). Ulrich Kurtz und Andreas Pawletta (CDU), die beide noch im Januar versucht hatten, eine Lanze für den Drahtesel-Parcours zu brechen, beließen es bei einer Enthaltung.

Immerhin bleibt trotz der Vorbehalte aus Sonneberg eine Umsetzung möglich. Wie berichtet, ist der Ilm-Kreis federführend bei dem Projekt zuständig. Und Ilm-Kreis-Sprecherin Doreen Huth weist daraufhin, die Nordroute - größtenteils bereits finanziert aus Landesmitteln - werde auf jeden Fall beendet. Auch sei der Rundweg um den Thüringer Wald eben bis auf das Stück zwischen Sonneberg und Neuhaus am Rennweg durchgängig gesichert: "Die Möglichkeit, die Route rund um den Thüringer Wald ohne das Territorium des Landkreises Sonneberg zu schließen, steht nun im Raum."

Nicht recht gelten lassen mag der Ilm-Kreis indes die Feststellung der Sonneberger, diese seien zu spät eingebunden worden: "Die Idee, die nördliche Waldrand-route mit der Südrandroute zu verbinden, entstand 2018. Sobald die Idee aufkam, wurde sie auch an die noch zu beteiligenden Landkreise/Städte Hildburghausen, Schmalkalden-Meiningen, Suhl und Sonneberg über die ARGE IG Südwestthüringen kommuniziert. So waren eigentlich alle mit eingebunden." Ansonsten merkt Huth an, dass die Steinachtalroute seit 2008 zum Radverkehrskonzept des Landes gehört und damit als Radhauptweg Bestandteil des Landesnetzes ist: "Auch im aktuellen Radverkehrskonzept ist die Route enthalten. Umgesetzt ist sie aber noch nicht seitens des Landkreises." Zwar gestehe sie zu, dass es sich um ein topografisch schwieriges Gebiet handele - "aber unmöglich ist es nicht. Wie gesagt: ein Radhauptweg ist dort vom Land schon seit über zehn Jahren gefordert".

Nachdem die Sonneberger nun ausgeschert sind aus dem Neuner-Verbund, hatten die Vertreter des Ilm-Kreises die Problematik vergangene Woche bei einer Tagung von Präsidium und Verwaltungsrat des Regionalverbundes Thüringer Wald angesprochen. Huth: "Dort wurde das Konzept eines Rundradwanderweges Thüringer Waldrandroute noch einmal vorgelegt. Der Regionalverbund erklärte sich bereit, mit seinen Möglichkeiten das Projekt zu unterstützen. So könne er für notwendige Infrastrukturmaßnahmen für noch nicht fertig gestellte Teile der Südrand-Route Mittel in seinen Maßnahmenkatalog aufnehmen. Mit denen könnten der Bau fehlender Stücke des Rundradweges, die Beschilderung oder die Ausstattung finanziert werden." Diese Informationen sollen den Landkreisen noch einmal zugearbeitet werden, kündigt Huth an. Der Ilm-Kreis werde in Zusammenarbeit mit den anderen Kreisen das dann überarbeitete Konzept wieder dem Regionalverbund vorlegen.