Die "Thüringer Landeszeitung" über Michael Cramer und den Iron-Curtain-Trail
Weimar. (tlz/mar) Michael Cramer ist überzeugter Radfahrer. Seit 25 Jahren besitzt er kein Auto. "Und ich bin trotzdem sehr mobil." Fahrradfahren, das Erkunden neuer Terrains, das Ausloten dessen, was möglich ist, dazu eine gehörige Portion Zähigkeit - das zeichnet den grünen Europapolitiker aus. Das war schon bei dem Projekt "Berliner Mauer-Radweg" so, und das ist jetzt bei seinem neuen Vorhaben, einer Radtour entlang des ehemaligen "Eisernen Vorhangs" in Europa so.
"Wer seine Vergangenheit nicht kennt, der hat keine Zukunft", sagt der Verkehrspolitiker der Grünen in Berlin. Und die Erinnerung an die Mauer in Berlin aufrecht zu erhalten - darum hat er jahrelang gekämpft. Deshalb radelt er heute auch mit Interessierten auf dem Berliner Mauer-Radweg, hält an markanten Stellen an und erläutert, wie das Bauwerk bis 1989 die Stadt zerschnitten hat. "Viele junge Leute haben daran ja überhaupt keine Erinnerung mehr", sagt er. Die Mauerstreifzüge sind zu einem touristischen Renner geworden. "Es ist das erste Mal, dass sanfter Tourismus in einer Großstadt auch gefördert worden ist", sagt er und gerät ins Schwärmen, wenn er von Touren in den Berliner Außenbezirken erzählt.
Die Idee des Mauer-Radweges überträgt Cramer jetzt auf Europa. Mit der EU-Osterweiterung ist die Spaltung des Kontinents endgültig Vergangenheit, die Grenzlinie, die einst den Kontinent durchschnitt, existiert nicht mehr. Auch hier träumt er davon, dass irgendwann einmal ein Radweg entsteht, der von der Ostsee bis an die Adria reicht. Das Projekt will er jetzt im Europawahlkampf mit einer Reihe von Radtouren vorantreiben. Am 2. Mai und am 16. Mai wird die frühere Grenze Thüringens zu Niedersachsen und zu Bayern abgestrampelt.
Auch auf europäischer Ebene hat Cramer für seine Idee schon kräftig die Werbetrommel gerührt - und eigentlich auch große Resonanz gefunden.
Cramer wirbt für den sanften Fahrradtourismus. "Der Fahrrad-Tourist gibt im Schnitt mehr Geld aus als der Auto-Tourist", sagt er. Und in Thüringen sei für Fahrradfreundlichkeit noch einiges zu tun. Da kann Astrid Rothe, Spitzenkandidatin der Grünen im Freistaat, nur nicken.
31.03.2004