Auszeichnung für deutsch-polnischen Kulturzug
Blamage für Bundesregierung
Der Kulturzug Berlin-Breslau (Wroclaw) ist als „Europäische Trendmarke des Jahres 2017“ ausgezeichnet worden. Dazu erklärt Michael Cramer, grünes Mitglied im Verkehrsausschuss des Europäischen Parlaments:
"Der Preis ist auch eine wunderbare Anerkennung für die Landesregierungen von Berlin und Brandenburg, die das Projekt mit ihrer finanziellen Unterstützung ermöglicht haben. Breslau war 2016 die Kulturhauptstadt Europas. Die im Eigentum des Bundes befindliche DB AG stellte die Verbindung trotzdem Ende 2015 ein. Sie sei nicht profitabel und der Fernverkehr auf der Schiene dürfe nicht subventioniert werden. Die Kulturhauptstadt Europas wurde ignoriert.
Das war eine europaweite Blamage und zugleich eine schallende Ohrfeige für Deutschland. Anstatt die Probleme zu lösen, wurde einfach die Verbindung eingestellt. Dabei hat Polen - mit EU-Geldern - die Strecke von Breslau bis zur Grenze und auch den Abschnitt nach Kattowitz schon längst saniert und elektrifiziert. Die Bauarbeiten Richtung Krakau wurden zudem bereits begonnen.
Deutschland hat es jedoch nur bis Cottbus geschafft. Deshalb gibt es auf dem Korridor Hamburg-Krakau eine Elektrifizierungslücke von 50 Kilometern. Die hat zur Folge, dass die Züge für eine Entfernung von 350 Kilometern insgesamt 5 Stunden Fahrtzeit benötigen. Das liegt nicht am fehlenden Geld, sondern nur am politischen Willen:
- Von 23 internationalen Flughäfen in Deutschland sind 17 defizitär. Wurde einer eingestellt?
- Von heute auf morgen standen 4 Milliarden Euro für E-Autos zur Verfügung.
- Der umweltschädliche und gesundheitsgefährliche Diesel wird jedes Jahr mit fast 10 Milliarden Euro subventioniert.
Aber für den Lückenschluss Berlin-Breslau sollen die 100 Millionen Euro nicht vorhanden sein?
Mit dem Lückenschluss von Cottbus über Spremberg und Horka bis zur Grenze würde die Fahrzeit von 5 auf 2,5 Stunden halbiert und das Vorkriegsniveau des letzten Jahrhunderts erreicht. Es wäre auch klimafreundlich, weil der Kulturzug bisher mit Diesel-Antrieb 300 Kilometer unter dem Fahrdraht fährt. Und schließlich könnte man die Stadt Görlitz an das elektrifizierte Netz anschließen, was auch den Nah- und Regionalverkehr attraktiver machen würde.
Zugleich wäre es auch europafreundlich, weil das Schienennetz in der EU - trotz Milliarden-Investitionen der letzten Jahrzehnte - noch immer ein Flickenteppich ist, dessen Lücken exakt an den Grenzen klaffen.
In den Verhandlungen für eine Jamaika-Koalition muss es gelingen, diese Elektrifizierungslücke schnellstmöglich zu schließen - auch als ein Dankeschön an den östlichen Nachbarn Polen, weil ohne die Gewerkschaft Solidarnosc weder die Mauer in Berlin noch der Eiserne Vorhang in Europa gefallen wäre."