Eines stand von Anfang an fest: Die Pkw-Maut soll keine Mehrbelastung für Autofahrer werden. Wenigstens nicht für Deutsche. Doch die Richtlinie wackelt. Und es gibt noch mehr Punkte, in der die Abgabe paradox ist.
Erstveröffentlichung 02.12.2014 15:17:25
Erst sorgte sie für Diskussion, dann für Ärger. Es folgte das Kopfschütteln, nun die Verwirrung. Denn bei der Pkw-Maut ist gar nichts klar. Außer, dass sie Januar 2016 kommen soll. Denn für Straßen, Brücken und Bahnen besteht in Deutschland dringend Verbesserungsbedarf. Doch zum Erhalt oder gar zum Ausbau der Infrastruktur fehlt Geld. Und genau dazu soll die Pkw-Maut beitragen.
So viel Streit es um die Abgabe gab und immer noch gibt, seitdem Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) sie auf den Plan gerufen hat, war eines immer klar: Sie sollte deutsche Autofahrer nicht zusätzlich belasten. So steht es im Koalitionsvertrag der Großen Koalition: Geplant sei '...eine europarechtskonforme Pkw-Maut, mit der wir Halter von nicht in Deutschland zugelassenen Pkw an der Finanzierung zusätzlicher Ausgaben für das Autobahnnetz beteiligen wollen, ohne im Inland zugelassene Fahrzeuge höher als heute zu belasten.'
Doch auch das gilt nun offenbar nicht mehr. Denn nach Informationen des Handelsblatts hätten Fachleute von Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) Wolfgang Schäubles Gesetzentwurf zur Kfz-Steuer in der Ressortabstimmung begrüßt. Am Montag war bekannt geworden, dass der Finanzminister bei eventuellen späteren Anhebungen der Maut keine genau so hohe Entlastung bei der Kfz-Steuer garantieren will.
Die Linke reagiert erbost, die Grünen vermuten, Schäuble könnte die Maut dazu verwenden, 'künftige Haushaltslöcher zu stopfen', sagte Grünen-Fraktionschef Anton Hofreiter der 'Rheinischen Post'. Die SPD - außer dem Wirtschaftsminister - hält ebenfalls nichts von Schäubles Vorstoß und will ohne Nachbesserung des Gesetztes nicht zustimmen.
Verkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) lenkte ein und sagte der Nachrichtenagentur dpa: 'Es wird keine Mehrbelastung für inländische Autofahrer geben. Dabei bleibt es.' Und aus der CDU hießt es: 'Man kann aber Politik nur in dem Verantwortungsbereich einer Regierung bewerten', sagte Unionsgeschäftsführer Michael Grosse-Brömer (CDU). Garantien, was die nächste Regierung mache, gebe es nicht.
Soweit, so unklar. Doch das ist nicht der einzige Punkt in Sachen Maut, der unlogisch ist.
Brüssel kommt aus dem Kopfschütteln nicht mehr raus
Denn Brüssel kommt aus dem Kopfschütteln gar nicht mehr heraus. Der Grund: Die angedachte deutsche Infrastrukturabgabe könnte ausländische Autofahrer diskriminieren. Der Vorsitzende des Verkehrsausschusses im Europaparlament, Michael Cramer, hält die Maut-Pläne 'in der EU chancenlos', weil sie Ausländer diskriminieren.
Er glaubt, dass spätestens der Europäische Gerichtshof (EuGH) die Pläne als Verstoß gegen EU-Recht werten werde, sollte die EU-Kommission die Maut 'wider Erwarten doch genehmigen und damit dem politischen Druck aus Berlin nachgeben'. Österreich und die Niederlande hätten bereits eine Klage vor dem EuGH angekündigt, falls die Pkw-Maut kommen sollte. Der Grund: Ausländer müssen zahlen, Inländer werden durch die KFZ-Steuer wieder entlastet.
Doch paradox ist noch etwas anderes: Denn während Ausländer wählen können, ob sie eine Zehn-Tages-Maut für zehn Euro, eine Zwei-Monats-Maut für 22 Euro oder eine Jahresmaut erwerben, können Deutsche nicht wählen. Angedacht war ursprünglich, eine Pkw-Maut auf allen Straßen zu erheben. Vor allem Nordrhein-Westfalen, (aber auch Rheinland-Pfalz), stellte sich quer. Denn das Land mit der Grenze zu den Niederlanden profitiert vom kleinen Grenzverkehr. Dobrindt knickte ein - und schrumpft nun das Maut-Netz um 178.000 Kilometer. Nun wird die Maut für Ausländer nicht auf Landes- und Kreisstraßen gelten. Deutsche Autofahrer zahlen für die Nutzung von Autobahnen und Bundesstraßen. 500 Millionen Euro will der Verkehrsminister mit der Maut einnehmen. Doch Kritiker bezweifeln das. Denn der Ausländeranteil am Pkw-Verkehr liegt laut ADAC bei rund sieben Prozent. Nicht unlogisch, dafür aber noch ungeklärt, sind die Kosten für die Kontrolle. Klar ist: Es wird ein elektronisches Prüfsystem geben. Dafür sollen Nummernschilder elektronisch gelesen und geprüft werden - ähnlich wie bei der Lkw-Maut.
Wie die Technik für die Pkw-Maut aussehen soll, ist noch offen, ebenfalls die Kosten. Denn bisher sind nur Betriebs- und Personalkosten geklärt, sie sollen laut Ministerium bei 195 Millionen Euro liegen und stehen geplanten 500 Millionen Euro Einnahmen gegenüber.
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