NEWSLETTER März 2019
Vorwort
1) Mobilitätspaket: Abstimmung verschoben
2) Boeing 737 Max 8: EASA berichtet im Ausschuss
3) Abschaffung der Zeitumstellung: Große Mehrheit im Plenum
4) Aktuelles aus dem Verkehrsausschuss
5) Neues zum Europa-Radweg Eiserner Vorhang
GRÜN VORAUS - Entfesseltes Hamburg
6) Klima- und Gesundheitsschutz im Verkehr: Wochen der Entäuschungen
7) Berliner Mauerstreifzüge 2019
- Aktuelle TERMINE -
Vorwort
Liebe Freundinnen und Freunde, liebe Verkehrsthemen- und EU-Interessierte,
eigentlich hätte es am heutigen 29. März 2019 zu einem Austritt Großbritanniens aus der EU kommen sollen. Eigentlich. Das politische Chaos der letzten Monate hat aber gezeigt, dass die Briten keinen Fahrplan haben, wie dieser Austritt erfolgen soll. Der von der EU gewährte Aufschub bis zum 22. Mai ist die letzte Chance, einen harten Brexit zu verhindern. Doch es zeichnet sich weiterhin keine Einigung im Britischen Parlament ab. Alle vorgelegten Varianten eines geregelten Austritts bzw. eines Verbleibs in der EU wurden am Mittwochabend im House of Commons abgelehnt. Zurück bleiben bei allen Beteiligten und Beobachtern Ratlosigkeit und Verwunderung.
Gleichzeitig erreichte eine Petition, die den Stopp des Austrittsverfahrens („revoke article 50“) und somit einen Verbleib in der EU fordert, innerhalb von nur einer Woche fast sechs Millionen Unterschriften. Das Britische Parlament hat sich auf diesen hohen Druck der Bevölkerung hin bereit erklärt, diese Möglichkeit noch einmal am kommenden Montag zu debattieren. In mir bleibt ein letztes bisschen Hoffnung, dass unsere britischen Freunde sich besinnen und weiter Teil der EU bleiben.
Hinter uns liegt ansonsten eine turbulente Plenarwoche des Europäischen Parlamentes in Straßburg. Die Abstimmung über die Urheberrechtsreform sorgte schon im Vorfeld für viel Trubel und Aufsehen. Tagelang standen die Telefone in unseren Abgeordnetenbüros nicht still und es gingen im Minutentakt Emails dazu ein. Die Abstimmung über die Abschaffung der Zeitumstellung war ebenfalls lange medial begleitet und erwartet worden. Auch beim Mobilitätspaket gab es Aufregung: Die angesetzte Plenar-Abstimmung wurde von Parlamentspräsident Antonio Tajani vertagt. Warum hier die soziale Frage für Grüne entscheidend für die Verkehrswende ist und wie wir Grünen dazu stehen, können Sie in diesem Newsletter nachlesen.
mit europagrünen Grüßen
Michael Cramer
- EUROPÄISCHE Verkehrspolitik -
1) Mobilitätspaket: Abstimmung verschoben
Im allerletzten Moment wurde die Abstimmung über das Mobilitätspaket im Plenum am Mittwochmorgen verschoben. Auch auf unseren Druck verwies der Parlamentspräsident Tajani das Dossier zurück an den Verkehrsauschuss. In einer Sondersitzung am 2. April wird es dort erneut behandelt werden. Im Januar hatte der Ausschuss bereits zwei der drei Gesetzesentwürfe abgelehnt.
Wären die Gesetzesinitiativen trotzdem ins Plenum gekommen, hätten mehr als 1600 Änderungsanträge einzeln abgestimmt werden müssen. Das wäre ein unverantwortliches Chaos geworden! So etwas habe ich in meinen 15 Jahren als Abgeordneter noch nicht erlebt. Trotz der Ablehnung im Ausschuss möchten die Kommissarin Bulc und die Berichterstatter Wim van der Camp, Ismael Ertug und Merja Kylönnen, dieses Paket noch vor den Wahlen durchdrücken. Dabei scheint ihnen egal, dass die geplante Regulierung für die Lkw-Fahrer schlechter ist, als die bestehende, die permanent nicht beachtet und nur ganz selten kontrolliert wird. Die Kommission wollte den Tachographen, der die Lenk- und Ruhezeiten sehr gut kontrollieren kann, erst 2034 (!) einführen. Selbst der Rat verständigte sich aber auf 2024.
Die Plenaraussprache zum Mobilitätspaket vom 27.03.2019
- AUS DEM VERKEHRSAUSSCHUSS -
2) Boeing 737 Max 8: EASA berichtet im Ausschuss
Innerhalb nur eines halben Jahres stürzten zwei noch neuwertige Flugzeuge der Gesellschaften Lion Air (Indonesien) und Ethiopian Airlines des Typs Boeing 737 - 8 Max ab und forderten insgesamt 346 Todesopfer. Da solche schweren Unglücke in der Luftfahrt nur sehr selten sind, rückten sofort Probleme von diesem Flugzeugtyp ins Visier der Ermittler. Eine erste Auswertung der Blackbox-Daten zeigt, dass es bei den Abstürzen Parallelen gegeben haben könnte. Auch gab es bereits Aussagen von anderen Piloten, die Probleme mit der Software beklagt hatten. In erster Konsequenz verordneten China, USA und die EU deshalb Überflugverbote für alle Maschinen dieses Typs.
Es stellt sich die dringende Frage, ob Boeing fahrlässig gehandelt hat und relevante Sicherheitsvorkehrungen und eine korrekte Zertifizierung vernachlässigte. Der Wettbewerbsdruck zum direkten Konkurrenzmodell Airbus A320neo, welches fast zeitgleich auf den Markt kam, lassen diese Vermutung zu. Auch im Verkehrsausschuss des Europäischen Parlaments wurde dieses Thema bereits gemeinsam mit der EASA diskutiert. Ein abschließender Ermittlungsbericht liegt bisher jedoch nicht vor.
Ausschuss-Diskussion mit der EASA am 18.03.2019
3) Abschaffung der Zeitumstellung: Große Mehrheit im Plenum
Die Zeitumstellung nutzt weder Mensch noch Natur, nervt viele und gehört deshalb schnellstmöglich abgeschafft. Das Thema brennt den Menschen entsprechend unter den Nägeln. 4,6 Millionen Menschen hatten sich an einer öffentlichen Konsultation zur Zeitumstellung beteiligt. 84% der Teilnehmer sprachen sich dafür aus, die halbjährliche Zeitumstellung abzuschaffen.
Das Parlament hat sich dieser Meinung in der ersten Lesung mit einer breiten Mehrheit angeschlossen. Nun müssen sich die Mitgliedsländer positionieren. Verhandlungen zwischen Kommission, Parlament und Rat werden nach der Wahl aufgenommen werden. Bei den Verhandlungen muss das Ziel sein, einen Flickenteppich von unterschiedlichen Zeitzonen zu vermeiden.
Pressemittelung der Kommission zur öffentlichen Konsultation vom 31.08.2019
Interview "Ende für Zeitumstellung?
Gar nicht so leicht" bei dektor.fm vom 05.03.2019
Laufend aktualisierter Artikel der tz
4) Aktuelles aus dem Verkehrsausschuss
Weitere Informationen über Themen, die im Ausschuss beraten wurden, sind im Newsletter des Ausschusssekretariats „Newsletter from the European Parliament Committee on Transport and Tourism“ (auf Englisch) zu finden.
Alle Newsletter des Verkehrsausschusses des Europäischen Parlamentes (TRAN) sind auf Englisch hier nachzulesen.
- Europa-Radweg Eiserner Vorhang - Iron Curtain Trail (ICT)
5) Neues zum Europa-Radweg Eiserner Vorhang
Berliner Mauer-Radweg und Europa-Radweg Eiserner Vorhang sind zwei Projekte, die unbedingt zusammen gehören. Daher hat es mich umso mehr gefreut, am 19. März unter der Überschrift "Radwege durch die Geschichte" beide Projekte zusammen mit dem neuen Berliner Staatssekretär für Verkehr, Ingmar Streese, in der Berliner Landesvertretung in Brüssel vorstellen zu dürfen. Mit dabei auf dem Podium war auch meine ehemalige Mitarbeiterin und neue Bürgermeisterin für Mobilität in der Brüsseler Kommune Anderlecht, Susanne Müller-Hübsch.
Aktuell wird der Iron Curtain Trail bei der Consultation on Cultural Routes in the Baltic Sea Region vorgestellt. Am 4. April wird der Europa-Radweg Eiserner Vorhang zusammen mit Hans-Gert Pöttering in Haus der Europäischen Geschichte vorgestellt.
Cultural Routes in the Baltic Sea Region
Haus der Europäischen Geschichte
GRÜN VORAUS - Entfesseltes Hamburg
Wer sich für eine zukunftsfähige und klimafreundliche Stadt für alle einsetzt kommt um ein Thema nicht herum: Die Rückeroberung des öffentlichen Raums. Gemeint ist damit, Menschen und ihre Bedürfnisse als priorisierte NutzerInnen der Städte anzuerkennen und die (Vormacht-)Stellung des motorisierten Individualverkehrs (MIV) nicht mehr zu priorisieren.
Die Innenstadt Hamburg wird auf Initiative der BürgerInnen und mit Unterstützung einer rot-grünen Mehrheit im Bezirk diesen Sommer ein Experiment wagen und andere Entwürfe von Stadt erproben. Von Juni bis September werden täglich zwischen 11:00 und 23:00 Uhr auf zusammenhängenden Straßenabschnitten autofreie Zonen eingerichtet. (Für eine Karte, siehe Link von Die Zeit). Somit wird hier ein Raum geschaffen, bei dem Aufenthaltsqualität für Menschen im Vordergrund steht und sanfte Mobilität ermöglicht wird. Das Quartier eignet sich vortrefflich für derartige Experimente, da es bereits jetzt ideal für den Fuß-, Rad- und öffentlichen Verkehr erreich- und nutzbar ist. Die Anreihner haben die Chance erkannt und unterstützen mehrheitlich die Initiative. Für die Maßnahme wurde ein „Antrag auf Sondernutzung des öffentlichen Raums" gestellt. Hieran zeigt sich bereits die Grundproblematik im Umgang mit öffentlichen Räumen. Wenn diese prioritär nicht dem MIV zur Verfügung gestellt werden, gilt dies gleich einmal als Sondernutzung. Hamburg leistet mit seinem Experiment einen Beitrag zur sanften Mobilitätswende, sowie einer zukunftsfähigen Stadt, die sich an den Bedürfnissen der Menschen orientiert. Den Namen der Initiativen nach, wird Hamburg „entfesselt“ und die Altstadt für alle frei gegeben werden.
Homepage der Initiative "Altstadt für Alle!"
Antrag der GRÜNE- und SPD-Fraktion: Temporäre Autofreiheit im Rathausquartier
Artikel "Experiment am Rathaus erschienen" in "Die Zeit" am 20.02.2019
Artikel "Hamburgs Grüne wollen mehr autofreie Zonen" erschienen via "NDR" am 19.02.2019
- AUS DEUTSCHLAND UND BERLIN -
6) Klima- und Gesundheitsschutz im Verkehr: Wochen der Entäuschungen
Es trafen sich Vertreter der Verkehrskommission - eine von der Bundesregierung eingesetzte Arbeitsgruppe im Rahmen der "Nationalen Plattform Zukunft der Mobilität" - , um einen Kompromiss für mehr Klimaschutz im Verkehrssektor zu erarbeiten. Das Ergebnis der 17-stündigen Verhandlungsrunde ist mehr als enttäuschend und bringt ein Erreichen der gesetzten Klimaziele für 2030 in Gefahr. Das vorgehsehende Maßnahmenpaket reicht nicht aus, um die benötigte Reduktion des CO2-Ausstoßes im Verkehrssektor um 40% zu erreichen. Hier muss nachgebessert werden.
Auch in Sachen Luftreinhaltung gab es Enttäuschungen. Nachrüstungen für die Fahrzeuge, die ihre ursprünglichen Werte nicht einhalten, und zwar auf Kosten der Autoindustrie, sind immer noch kein Thema. Stattdessen wurde der Grenzwert für Stickoxide von 40 Mikrogramm pro Kubikmeter aufgeweicht. Die Fahrverbote in den Städten sollen mit mobilen Geräten kontrolliert werden, die auch das Gesicht der Fahrer fotografieren sollen. Die Daten sollen 14 Tage festgehalten und mit den Kraftfahrzeugämtern und -registern abgeglichen werden. Dieses Verfahren wird vom Bundesdatenschutzbeauftragen Ulrich Kelber kritisiert. Einfacher wäre es, die "Blaue Plakette" einzuführen. Dann wäre bundesweit klar, welche Fahrzeuge in einer Fahrverbotszone fahren dürfen und welche nicht. Die Bundesregierung bürdet den Kommunen insgesamt viel auf, als sich selber um die "saubere Luft" zu kümmern.
Webseite „Nationale Plattform Zukunft der Mobilität“, AG 1 Klimaschutz im Verkehr
7) Berliner Mauerstreifzüge 2019
Der 1. Juni 2019 und damit der Beginn der Berliner Mauerstreifzüge 2019 rückt näher. Auch dieses Jahr werden wir in acht Etappen den Berliner Mauer-Radweg entlang fahren und dabei gemeinsam viel entdecken. Denn teilweise erinnert im 30. Jahr des Mauerfalls nur noch wenig daran, was in den Zeiten der Teilung Berlins wie auch Deutschlands und Europas geschehen ist. Um so wichtiger ist es, diese Erinnerung wach zu halten, damit sich Europa nicht mehr spalten lässt.
Der Berliner Mauer-Radweg ist wie der Europa-Radweg Eiserner Vorhang heute ein Ort der Begegnung. Wo früher Menschen starben, um in die Freiheit zu gelangen, kommen sie heute frei zusammen. An diesen Zusammenkommen will ich weiter mitwirken und lade Sie ein, mit mir die Geschichte auf alten neuen Wegen im wahrsten Sinn des Wortes zu erfahren. Gern können Sie die Informationen weitergeben.
Termine der Berliner Mauerstreifzüge 2019
Informationen zu den Berliner Mauerstreifzügen
- Aktuelle TERMINE -
04.04.2019
Beitrag bei der Veranstaltung "A ride through European history, culture and nature - The Iron Curtain Trail"
Ort: Haus der Europäischen Geschichte, Brüssel
Zeit: 18:00 – 20:00 Uhr
05.04.2019
Vortrag beim ADFC-Berlin über den Mauerradweg und Iron Curtain Trail
Ort: Möckernstraße 47, 10965 Berlin-Kreuzberg
Zeit: 19:00 – 21:00 Uhr
06.04.2019
Beitrag und Diskussion auf der Konferenz "Vorwärtskommen auf Usedom
Was ist aus den Verkehrskonzepten geworden?"
Ort: St. Otto Heim, Bengsch-Saal, Dr. Wachsmannstraße 29, 17454 Zinnowitz
Zeit: 10:00 – 14:00 Uhr
11.04.2019
Beitrag auf der Konferenz: "Missing Railway Links: A challenge for cohesion and growth in border regions"
Ort: Europäischer Ausschuss der Regionen
?Gebäude Jacques Delors, Rue Belliard 99-101, 1040 Brüssel
Zeit: 14:00 – 16:30 Uhr
13.04.2019
Workshop mit Michael Cramer im Rahmen von „A soul for Europe conference“ 2019 "Can there be a European Culture of Remembrance?"
Ort: Akademie der Künste Berlin, Pariser Platz 4, Berlin
Zeit: 16:30 – 19:00 Uhr
24.04.2019
Europa Parlament aller Bäume gegen Krieg und Gewalt
Michael Cramer mit Senatorin Katrin Lompscher, Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Wohnen
Ort: Parlament der Bäume, Schiffbauerdamm, 10117 Berlin
Zeit: 9:30 – 11:30 Uhr
Weitere Infos folgen über Twitter und Facebook
27.04.2019
Workshop mit Michael Cramer im Rahmen von „A soul for Europe conference“ 2019
"Can there be a European Culture of Remembrance?"
Ort: Akademie der Künste Berlin, Pariser Platz 4, Berlin
Zeit: 16:30 – 19:00 Uhr
24.04.2019
Vortrag zum "Iron Curtain Trail" auf der VELOBerlin
Ort: Tempelhofer Damm 45, 12101 Berlin
Zeit: 14:30 – 15:00 Uhr