Schriftliche Anfrage
Betrifft: Nachhaltigkeitskriterien und Auflagen für die an Polen und die Ukraine bereitgestellten Mittel zum Ausbau der Infrastruktur im Vorfeld der Fußball-Europameisterschaft 2012
Im Rahmen der Vorbereitungen für die Fußball-Europameisterschaft 2012 in Polen und der Ukraine sollen EU-Mittel in Höhe von 67 Milliarden Euro u.a. in den Ausbau der Infrastruktur fließen.Polen plant insbesondere den Ausbau seines Straßen- bzw. Autobahnnetzes. Ebenso sollen Flughäfen und Bahnhöfe ausgebaut bzw. modernisiert werden.Das zweite Veranstaltungsland, die Ukraine, ist dagegen noch nicht sehr weit in seinen Planungen für den Ausbau der Infrastruktur vorangeschritten. Dabei sollen die Fußballgäste und deren Anhängerschaft im Land insbesondere mit dem Auto und mit Bussen von einem Austragungsort zum anderen befördert werden. Auch Flugverkehr ist logistisch angedacht. Daher frage ich die Kommission:
1. Ist die Vergabe der EU-Mittel an konkrete Planungen bzw. Infrastrukturprojekte geknüpft und wenn ja, an welche?
2. Welche Aufteilung in der Vergabe der Mittel wird zwischen Polen und der Ukraine vorgenommen?
3. Würden, falls Deutschland, wie derzeit diskutiert, als Ersatzaustragungsort für die Ukraine einspringen sollte, auch EU-Mittel an Deutschland vergeben?
4. Gibt es für diese Planungen einen konkreten Zeitplan, u.a. für die Vergabe der Mittel?
5. Ist die Vergabe der Mittel mit konkreten Auflagen verbunden und wenn ja, mit welchen?
Gibt es Nachhaltigkeitsanforderungen bei der Verwendung der EU-Mittel und wenn ja, wie wird deren Einhaltung gewährleistet?
6. Welche Umweltstandards werden für den Einsatz der Mittel gefordert und wie wird deren Einhaltung gewährleistet?
7. Ist eine externe Beratung für ökologische Anforderungen angedacht bzw. wird eine solche gefördert?
8. Gibt es Vorgaben für die energetische Gebäudesanierung bzw. Energiesparkonzepte beim Sportstättenbau?
9. Der Ausbau welcher Verkehrsträger bzw. -netze wird gefördert?
10. Gibt es besondere Anreize für den Ausbau des öffentlichen Personennah- und -fernverkehrs?
E-1388/09DE
Antwort von Frau Hübner
im Namen der Kommission
1. Zunächst einmal sei gesagt, dass die Struktur und Kohäsionsfondszuweisungen im Programmplanungszeitraum 2007-2013 in Höhe von 67 Mrd. EUR an Polen in keinem Zusammenhang mit der Vorbereitung der Fußballeuropameisterschaft EURO 2012 in Polen und der Ukraine stehen.
Die polnischen Behörden haben Vorschriften und Verfahren festgelegt, um die Durchführung von Projekten zu beschleunigen, die mit der Fußballeuropameisterschaft EURO 2012 in Zusammenhang stehen. Die Sportanlagen für die Fußballeuropameisterschaft EURO 2012 in Polen werden nicht aus den Strukturfonds unterstützt, möglicherweise jedoch Verkehrsinfrastrukturprojekte, da dies aus Gründen der langfristigen Entwicklung gerechtfertigt und die Verkehrsinfrastruktur auch für die Fußballeuropameisterschaft EURO 2012 erforderlich ist. Dieser Art von Projekten wird bei den Auswahlkriterien der entsprechenden operationellen Programme ein gewisser Vorrang eingeräumt.
Die Europäische Kommission hat mit den polnischen Behörden während der Verhandlungen vereinbart, dass anstelle direkter Unterstützung für Sportanlagen Projekte Vorrang erhalten, die die Infrastruktur im Umfeld von Sportanlagen betreffen (z. B. Straßen, öffentlicher Verkehr). Diese Vorgehensweise entspräche besser den Nachhaltigkeitskriterien (so wurde z. B. auch bei den Olympischen Spielen 2004 in Athen verfahren). Daher umfassen die für eine Unterstützung vorgeschlagenen Projekte keine Fußballstadien für die EURO 2012 (kleinere Sportanlagen, die in keinem Zusammenhang mit der EURO 2012 stehen, sind in einigen kleineren Programmen nicht ausgeschlossen). Einige wichtige Infrastrukturprojekte (z. B. Straßen, öffentlicher Verkehr, Flughafeneinrichtungen) an den Austragungsorten der EURO 2012 werden nun auf polnischer Seite schneller bearbeitet (wobei alle vorgeschriebenen Verfahren im Zusammenhang mit Umweltaspekten und öffentlichen Aufträgen eingehalten werden), um sicherzustellen, dass sie vor 2012 abgeschlossen werden.
2. Die Zuweisungen an Polen im Rahmen der Kohäsionspolitik im Programmplanungszeitraum 2007-2013 stehen nur Polen zur Verfügung. Da die Ukraine kein Mitgliedstaat der EU ist, kann sie keine kohäsionspolitischen Mittel der EU erhalten.
3. Da Deutschland nicht als Mitaustragungsort der EURO 2012 vorgesehen ist, sind keine Strukturmittel für diese Veranstaltung in den operationellen Programmen Deutschlands vorgesehen.
4. Die Kosten im Zusammenhang mit Projekten, die von den Strukturfonds oder vom Kohäsionsfonds kofinanziert werden (Programmplanungszeitraum 2007-2013), sind vom 1. Januar 2007 bis zum 31. Dezember 2015 förderfähig. Wie bereits gesagt werden die für die EURO 2012 ausgewählten Schlüsselprojekte inzwischen von den polnischen Behörden schneller bearbeitet, damit sie bis zur EURO 2012 abgeschlossen werden können.
5. Die Mittel aus den Strukturfonds und dem Kohäsionsfonds werden im Rahmen strategischer Dokumente zugewiesen, die auf nationaler Ebene ausgearbeitet werden (nationaler strategischer Rahmenplan und operationelle Programme für Sektoren und/oder Regionen). Diese Dokumente spiegeln die Prioritäten des strategischen Dokuments auf EU Ebene wider: der am 6. Oktober 2006 von der Kommission angenommenen strategischen Kohäsionsleitlinien der Gemeinschaft (Entscheidung des Rates 2006/702/EG ).
In den strategischen Leitlinien der Gemeinschaft sind die Grundsätze und Prioritäten der Kohäsionspolitik aufgeführt; sie enthalten Anregungen dafür, wie die europäischen Regionen die EU Mittel, die für nationale und regionale Hilfsprogramme für den Programmplanungszeitraum 2007-2013 zur Verfügung gestellt wurden, in vollem Umfang nutzen können. Die nationalen Behörden haben diese Leitlinien ihren nationalen strategischen Prioritäten und Planungen für den Zeitraum 2007 2013, den so genannten nationalen strategischen Rahmenplänen (NSRP), zugrunde gelegt. Gemäß den Leitlinien und im Einklang mit der erneuerten Lissabon Strategie sollten die Mitgliedstaaten und Regionen das Ziel einer nachhaltigen Entwicklung verfolgen und größere Synergien zwischen wirtschaftlichen, sozialen und umweltbezogenen Aspekten anstreben. In der erneuerten Lissabon Strategie für Wachstum und Beschäftigung und in den nationalen Reformprogrammen wird die Bedeutung der Umwelt für Wachstum, Wettbewerbsfähigkeit und Beschäftigung herausgestellt.
Die unterstützten Projekte müssen wirtschaftlich nachhaltig sein und sich auf eine fundierte Kosten Nutzen Analyse stützen; die EG hat Leitlinien für die Kosten Nutzen Analyse vorgelegt, die in die nationalen Dokumente für die Auswahl der Projekte aufgenommen wurden.
Im Sinne der Förderung einer nachhaltigen Entwicklung müssen Umweltschutzaspekte bei der Vorbereitung von Programmen und Projekten berücksichtigt werden. Diese Grundsätze wurden in alle polnischen Projekte aufgenommen, die mit EU Mitteln gefördert werden, und in operationelle Auswahlkriterien umgesetzt, anhand derer die Projektanträge bewertet werden. So muss für alle großen Investitionsprojekte eine UVP (Umweltverträglichkeitsprüfung) vorgelegt werden, die den EU Richtlinien entspricht. Ein weiteres Beispiel ist der Vorrang, der sauberen, umweltfreundlichen Lösungen im öffentlichen Verkehr eingeräumt wird.
6. Die im Programmplanungszeitraum 2007-2013 kofinanzierten Programme und Projekte müssen voll und ganz den wichtigsten horizontalen EG Umweltrichtlinien (Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP), Strategische Umweltprüfung (SUP) und Habitat Richtlinien) entsprechen. Die Kommission hat vor der Genehmigung der operationellen Programme geprüft, ob die einschlägigen Vorgaben eingehalten wurden. Die nationalen Behörden sind dafür verantwortlich, dass die Einzelprojekte den Bestimmungen dieser Richtlinien entsprechen; die Kommission führt routinemäßige Kontrollen durch, um in allen Mitgliedstaaten die ordnungsgemäße Umsetzung der EG Richtlinien in einzelstaatliches Recht sicherzustellen und im Zuge von Beschwerden potenzielle Vertragsverletzungen zu untersuchen. Bei Großprojekten (Auftragswert über 25 Mio. EUR bei Umweltprojekten, über 50 Mio. EUR bei Projekten in anderen Sektoren, z. B. Verkehrsprojekten) prüft die Kommission die Einhaltung der wichtigsten EG Richtlinien anhand der von den nationalen Behörden eingereichten Anträge, bevor die Kofinanzierung dieser Projekte genehmigt wird.
Abgesehen von der Einhaltung der horizontalen EU Rechtsvorschriften müssen die in den operationellen Programmen als prioritär eingestuften Maßnahmen und Aktivitäten auch den einschlägigen Umweltverordnungen und -richtlinien der EU entsprechen. Zu diesem Zweck gestalten die nationalen Behörden die Auswahlkriterien so, dass nur diejenigen Projekte eine finanzielle EU Unterstützung erhalten, die den geltenden Umweltvorschriften voll und ganz entsprechen.
7. Die externe Unterstützung bei der Ausarbeitung und Umsetzung von Projekten ist im Rahmen der operationellen Programme förderfähig. Sollten die nationalen Behörden also befinden, dass eine externe Unterstützung in bestimmten Bereichen (z. B. Umweltanforderungen, aber auch Kosten Nutzen Analysen oder öffentliches Auftragswesen) benötigt wird, so können sie diese im Rahmen der derzeitigen Bestimmungen veranlassen. Darüber hinaus hat die Kommission mit Unterstützung der Europäischen Investitionsbank (EIB) eine Fazilität für technische Hilfe bei der Ausarbeitung von Großprojekten (JASPERS) bereitgestellt, um die Qualität großer Investitionsprojekte zu gewährleisten, die aus den Strukturfonds und dem Kohäsionsfonds finanziert werden (sollen). JASPERS kann somit auch spezielle Fachkompetenz in Umweltfragen zur Verfügung stellen.
Bei der Bewertung großer Investitionsprojekte greift die Kommission gegebenenfalls auf externe Berater zurück.
8. Gemäß der Richtlinie über das Energieprofil von Gebäuden (2002/91/EG ) müssen die EU Mitgliedstaaten bei Gebäuden mit einer Gesamtnutzfläche von über 1000 m2, die einer größeren Renovierung (d. h. die Investition beläuft sich auf mehr als 25 % des Gebäudewerts, den Wert des Grundstücks nicht mitgerechnet, oder bei Renovierungen, die über 25 % der Gebäudehülle betreffen) unterzogen werden, dafür sorgen, dass die Gebäude bestimmten von den Mitgliedstaaten selbst festgelegten Mindestanforderungen an die Gesamtenergieeffizienz entsprechen. Gebäude wird definiert als „eine Konstruktion mit Dach und Wänden, deren Innenraumklima unter Einsatz von Energie konditioniert wird; mit ‚Gebäude‘ können ein Gebäude als Ganzes oder Teile des Gebäudes, die als eigene Nutzungseinheiten konzipiert oder umgebaut wurden, bezeichnet werden“. Daher fallen nicht alle Teile von Fußballstadien in den Anwendungsbereich dieser Richtlinie.
Von der EU kofinanzierte Investitionen könnten einen nützlichen Beitrag dazu leisten, dass öffentliche Gebäude besser den Anforderungen der Richtlinie entsprechen oder sogar über deren Mindestanforderungen hinausgehen. Energieeffizienz wird in allen polnischen operationellen Programmen als horizontale Priorität gefördert. Alle Programme enthalten eine Standardklausel, laut der gegebenenfalls die effiziente Energieverwendung, die Energieeffizienz und erneuerbare Energieträger bei der Ausarbeitung/Auswahl/Umsetzung von Projekten berücksichtigt werden.
Diese Klausel fand auch Eingang in die Auswahlkriterien, die die öffentlichen Behörden festgelegt haben, um Projekte innerhalb der operationellen Programme auszuwählen. Energieeffizienzmaßnahmen (thermische Modernisierung, Isolierung revitalisierter Gebäude) können als Bestandteil der Projekte unter verschiedenen Prioritäten (z. B. Bildung, Kultur) oder als eigenständige Projekte kofinanziert werden, wenn das operationelle Programm eine gesonderte Zuweisung für Energieeffizienzmaßnahmen umfasst. Die Finanzierungsmöglichkeiten gelten für Investitionen in öffentliche Gebäude und sind im Rahmen des polnischen operationellen Programms „Infrastruktur und Umwelt“ oder im Rahmen eines der 16 operationellen Regionalprogramme förderfähig.
9. Im Zeitraum 2007-2013 erhält Polen 67,3 Mrd. EUR aus den Strukturfonds und dem Kohäsionsfonds; davon werden 34,8 % (22,67 Mrd. EUR) für Prioritäten im Verkehrsbereich in allen 21 operationellen Programmen auf nationaler und regionaler Ebene bereitgestellt. Grundsätzlich sind alle Verkehrsträger förderfähig. Die Kommission muss jedoch sicherstellen, dass die geplante Infrastruktur sicher und nachhaltig ist, damit die Konsistenz des im Aufbau befindlichen Verkehrsnetzes gewährleistet ist. Daher genießen Infrastrukturvorhaben Vorrang, die Teil des Transeuropäischen Verkehrsnetzes (TEN V) sind oder die Ausweitung des Netzes auf Nachbarländer betreffen.
10. Aufgrund der raschen Zunahme des Individualverkehrs ist es besonders dringlich, die Attraktivität des öffentlichen Verkehrs zu verbessern und diesen zu fördern. Eines der wichtigsten Ziele der EU Unterstützung besteht daher darin, Alternativen zum Straßenverkehr zu entwickeln, indem das TEN V Eisenbahnnetz ausgebaut wird, die in der Entscheidung Nr. 1692/96/EGEntscheidung Nr. 1692/96/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. Juli 1996 über gemeinschaftliche Leitlinien für den Aufbau eines transeuropäischen Verkehrsnetzes, ABl. L 228 vom 9.9.1996. des Europäischen Parlaments und des Rates genannten vorrangigen Projekte aufgenommen werden und die Infrastruktur von Seehäfen, Investitionen in den kombinierten Verkehr und die Ausweitung des Anteils öffentlicher Verkehrsmittel bei Bewohnern städtischer Gebiete unterstützt werden.
Die EU Unterstützung verfolgt außerdem die Ziele im Zusammenhang mit der kosteneffizienten Reduzierung der Treibhausgasemissionen durch die Unterstützung umweltfreundlicher öffentlicher Verkehrssysteme. Die Investitionen werden dafür sorgen, dass die wichtige Entwicklung der Verkehrsnetze in ausgewogener Weise erfolgt, da in einen sauberen öffentlichen Verkehr, Eisenbahnverkehr und andere Verkehrsträger mit relativ geringem Emissionsniveau investiert wird.
Positive Veränderungen werden durch die Modernisierung und den Kauf von rollendem Material, die Modernisierung und Entwicklung von Fahrspuren für den öffentlichen Verkehr in Ballungsräumen sowie die Bevorzugung des öffentlichen Verkehrs bei der Verkehrsorganisation und die Senkung der Beförderungspreise bewirkt. In Polen: Das operationelle Programm „Umwelt und Infrastruktur“ betrifft hauptsächlich wichtige nationale und internationale Eisenbahnverbindungen; städtische und regionale Verbindungen sind Gegenstand der 16 operationellen Regionalprogramme. Die einzelnen Programme umfassen Auswahl und Prioritätskriterien, die Projekte begünstigen, durch die der lokale öffentliche Verkehr und der Fernverkehr unterstützt werden, und die einen Beitrag zur oben erwähnten, mit Polen ausgehandelten Strategie leisten.
Wie unter Punkt 9 bereits gesagt, wird der öffentliche Verkehr in folgenden Bereichen unterstützt (in Mio. EUR): siehe Abbildungen zu Punkt 9