Artikel von Isabell Jürgens in der Berliner Morgenpost

Der Berliner Mauerverlauf ist heute nur noch an ganz wenigen Stellen dokumentiert. Wer sich auf eigene Faust auf Spurensuche entlang dem ehemaligen Grenzstreifen begeben will, hat es nicht leicht. Der neue Radwanderführer "Berliner Mauer-Radweg", den der Berliner EU-Parlamentarier Michael Cramer (Grüne) gestern in Potsdam vorgestellt hat, bietet da eine wertvolle Orientierungshilfe. In der vierten und erweiterten Auflage ist besonders der landschaftlich reizvolle Abschnitt zwischen Berlin und Potsdam aufgearbeitet worden.
Neu sind etwa die zwei der insgesamt 19 Teilstrecken von Griebnitzsee nach Volkspark Potsdam (8,5 Kilometer) und von dort weiter nach Kladow (17 Kilometer). Wer diese beiden Routen kombiniert, fährt an einer atemberaubend schönen Landschaft mit vielen historischen Bauwerken vorbei. Mit Hilfe der nebenstehenden Karte können Sie die Tour leicht selbst abfahren. Ausgangspunkt ist der S-Bahnhof Griebnitzsee (S-Bahn-Linie 7). Vorbei am drei Kilometer langen Uferabschnitt geht es auf sanierten Kolonnenwegen an geschichtsträchtigen Villen vorbei bis zum Jagdschloss Glienicke. Zu allen Sehenswürdigkeiten gibt es im Buch ausführliche Erläuterungen. Neu ist die Fahrt auf dem Mauerweg von der Glienicker Brücke zur Sacrower Heilandskirche an den Ufern von Jungfern-, Lehnitz- und Krampnitzsee entlang.
Absteigen und schieben
Diese reizvolle Route bietet dem Fahrradfahrer allerdings durchaus noch einige Zumutungen. So muss das Fahrrad auf dem 800 Meter langen Teilabschnitt im Neuen Garten geschoben werden. Den Generaldirektor der Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg, Hartmut Dorgerloh, hat Michael Cramer gebeten, eine Lösung zu finden. "Dorgerloh hat aber bereits signalisiert, dass es wohl bei einem grundsätzlichen Fahrverbot bleibt", so Michael Cramer. Weiteres Hindernis auf der Strecke ist das Fahrradverbot im Sacrower Park. "Genau genommen ist sogar das Schieben des Fahrrades auf diesem einen Kilometer langen Abschnitt verboten", sagt Cramer. Ein kleines Schild an der Tür zum Park informiert darüber. "Doch kein Mensch hält sich daran, und es wird auch nicht kontrolliert", versichert Cramer. Es sei auch der ausdrückliche Wunsch des Pfarrers gewesen, dass die symbolträchtige Heilandskirche nicht vom Mauerweg abgeschnitten werde, sondern Etappenziel sei. Schließlich war die Kirche für die Potsdamer Bevölkerung zu Mauerzeiten weder zugänglich, noch zu sehen, während sie von West-Berlin aus über den See zwar zu sehen, aber ebenfalls unerreichbar war. Nicht leicht zu fahren sind ferner die sandigen Wegabschnitte an der Rotkehlchenstraße und die nicht asphaltierte Strecke durch den Königswald.
Mit einem erfolgreichen Antrag hatten die Grünen anlässlich des 40. Jahrestags des Mauerbaus im Jahr 2001 eine Initiative für den "Berliner Mauerweg" gestartet. Mit seiner Verabschiedung im Berliner Abgeordnetenhaus wurden die Mauerreste unter Denkmalschutz gestellt. Zudem wurden mit Finanzmitteln der Bundesregierung, der EU und des Berliner Senats die Eisenbahntrassen in Lichterfelde Süd untertunnelt, die insgesamt 160 Kilometer lange Route um das ehemalige West-Berlin herum ausgeschildert, viele sandige Schiebestrecken beseitigt und zahlreiche Lücken fahrradfreundlich ausgebaut.
Anschlusstour am Sonnabend
Am kommenden Sonnabend um 14.20 Uhr startet ein von Michael Cramer geführter Mauerstreifzug, der dort weitergeht, wo die oben beschriebene Tour endet. Start ist an der Bootsanlegestelle Kladow. Auf der 18 Kilometer langen Strecke über den Flugplatz Gatow, Karolinenhöhe und Fort Hahneberg geht es in drei Stunden bis nach Staaken. Wer von Berlin kommend teilnehmen möchte, kann um 14 Uhr zum BVG-Tarif mit der Fähre vom Anleger am S-Bahnhof Wannsee übersetzen. Eine Anmeldung ist nicht erforderlich.
Das Buch "Berliner Mauer-Radweg", Verlag Esterbauer, kostet 11,90 Euro."