Jetzt droht die Maut-Rache

18. September 2014 zur Übersicht

Artikel von Christian Wiermer erschienen am 18. September 2004 im Berliner Kurier

Brüssel - Reden möchte Verkehrsminister Alexander Dobrindt (44, CSU) momentan nicht über seinen einstigen Wahlkampf-Liebling. Kein Wunder: Die Kritik an der Pkw-Maut für Ausländer will einfach nicht aufhören. Droht jetzt auch noch die Maut-Rache von unseren Nachbarn?

"Das werden sich die anderen Länder nicht gefallen lassen", sagt Michael Cramer (65, Grüne), Vorsitzender des Verkehrsausschusses im EU-Parlament, voraus. Und in der Tat mehren sich die Zeichen, dass auch Nachbarländer mit eigenen Maut-Plänen um die Ecke kommen.

Nach einer Sitzung mit dem saarländischen Kabinett kritisierte Luxemburgs Premierminister Xavier Bettel (41) zunächst Dobrindts Pläne damit, dass eine nationale Maut dem "europäischen Gedanken" widerspreche. Um prompt selbst anzudeuten: Am Ende kämen die Luxemburger auf den Gedanken, auch eine Maut einzuführen.

Diese würde vor allem die Grenzgänger treffen. Derzeit pendeln täglich etwa 34 000 Deutsche, 76 000 Franzosen und mehr als 32 000 Belgier zur Arbeit nach Luxemburg. Die Region hat den größten grenzüberschreitenden Arbeitsmarkt innerhalb der Europäischen Union.

In Holland hat die Regierung zwar vor zwei Jahren ein Maut-Vorhaben auf Eis gelegt. Aber. "Natürlich werden wir die Auswirkungen der deutschen Vignette genau verfolgen", kündigt Barbara Visser (37), verkehrspolitische Sprecherin der regierenden Partei VVD, gegenüber dem KURIER an. Die deutschen Pläne seien "diskriminierend" und "unverhältnismäßig".

Österreich hob bereits die Mautbefreiung auf der grenznahen Inntal-Autobahn auf. Gegen eine "Ausländer-Vignette" machte auch der konservative Schweizer Verkehrspolitiker Martin Candinas (34) Front: "Wenn dieses Beispiel Schule macht, müssen wir uns dasselbe überlegen."

Was also, wenn die Rachemaut kommt? Für diesen Fall sehen Experten das CSU-Projekt als politisch endgültig gescheitert an. Der Kölner CDU-Bundestagsabgeordnete Karsten Möring (65): "Dann wäre eine Bedingung aus dem Koalitionsvertrag gebrochen." Dort nämlich steht als "Maßgabe, dass kein Fahrzeughalter in Deutschland stärker belastet wird als heute."

Na dann, prost: Immer mehr Widerstand gegen Dobrindt