Ihre Passagierechte im Flug- und Schienenverkehr

05. März 2013 zur Übersicht

Dies ist ein barrierefreier Beitrag von Michael Cramer. Eine Audio Version ist im Anhang bereitgestellt.

Sehr geehrte Damen und Herren,

liebe Freundinnen und Freunde,

 

im Folgenden möchte ich Sie darüber informieren, welche Rechte Sie dank der Gesetzgebung der EU als Passagiere im Zug- und Flugverkehr genießen. Dieser Text ist eine barrierefreie Version, die ich für Menschen mit Sehbehinderungen verfasst und aufgenommen habe.

Grundsätzlich gilt: Dank der EU müssen Reisende bei Verspätungen und Annullierungen nicht länger auf das Wohlwollen der Transportunternehmen hoffen. Die in den letzten Jahren verabschiedeten EU-Passagierrechte legen fest, auf welche Hilfeleistungen und Erstattungen Reisende im Falle von Problemen Anspruch haben.

Der folgende Text enthält eine kurze Übersicht über Ihre Rechte bei Zug- und Flugreisen. Natürlich können bei den allgemeinen Regeln in Einzelfällen Abweichungen auftreten und es ist nicht möglich, alle Varianten hier in diesem Beitrag zu erfassen. Die wichtigsten Informationen möchte ich Ihnen jedoch im Folgenden geben.

 

Ihre Rechte bei Zugfahrten innerhalb der EU

Verspätungen bei Fernverkehrsverbindungen

 

Sollte sich Ihr Zug um mindestens 20 Minuten am Zielbahnhof verspäten, dann steht Ihnen die Nutzung eines anderen - auch höherwertigen - Zuges zur Weiterfahrt zu. Eventuell anfallende Mehrkosten für das Ticket werden rückerstattet. Allerdings entfällt diese Erstattung leider bei reservierungspflichtigen Zügen.

Sollte sich Ihr Zug um mindestens 60 Minuten am Zielbahnhof verspäten, dann steht Ihnen eine Erstattung in Höhe von 25 Prozent des Fahrpreises zu. Darüber hinaus ist die Nutzung eines anderen Verkehrsmittels (z.B. Bus oder Taxi) zur Weiterfahrt möglich. Erstattet wird dies aber nur, wenn die planmäßige Ankunftszeit zwischen 0 und 5 Uhr liegt - es am Abend also keine Alternative gibt.

Hierbei erfolgt eine Kostenerstattung von bis zu 80€. Sofern verfügbar haben sie ebenfalls Anspruch auf Verpflegung und - wenn erforderlich - eine Hotelübernachtung.

Sollte sich Ihr Zug um mindestens 120 Minuten am Zielbahnhof verspäten, dann haben Sie das Recht, 50% Ihres Fahrpreises zurückzufordern.

 

Wie erhalte ich die Entschädigung?

 

Wenn sich Ihr Zug verspätet oder ausfällt, lassen Sie sich eine Bescheinigung der Verspätung bzw. des Zugausfalls vom Zugpersonal oder vom Servicecenter der Eisenbahngesellschaft ausstellen. Anschließend füllen Sie das Fahrgastrechteformular aus (www.gruenlink.de/bd8), welches für alle Bahngesellschaften gültig ist. Zusammen mit der gültigen Fahrkarte oder einer Kopie für den betreffenden Zug geben Sie diese im DB Reisezentrum ab bzw. senden die Dokumente per Post an folgende Adresse: Servicecenter Fahrgastrechte, 60647 Frankfurt am Main.

 

Beschwerden gegen Entscheidungen des Servicecenters Fahrgastrechte

 

Beschwerden gegen Entscheidungen des Servicecenters Fahrgastrechte zu Ihren Einwänden können Sie in Deutschland unter anderem an die Schlichtungsstelle für den öffentlichen Personenverkehr (SÖP) bzw. an die jeweiligen nationalen Durchsetzungsstellen für die Fahrgastrechte (www.gruenlink.de/bd6) richten.

 

Ihre Rechte bei Zugfahrten nach Nicht-EU-Länder und außereuropäische Reisen

 

Bei Reisen, bei denen sich entweder nur der Start- oder nur der Zielpunkt innerhalb der EU befindet, sowie bei außereuropäischen Reisen ist die Rechtslage nicht einheitlich und die europäischen Passagierrechte sind in der Regel nicht anwendbar.[1]

Bitte wenden Sie sich bei Fragen zur Auslegung der Verordnung direkt an den zuständigen Dienst der Europäischen Kommission. Dies ist die Generaldirektion Mobilität und Transport, DG Move.

Bei weiteren Problemen wenden Sie sich an die Betreibergesellschaft oder die nationalen Durchsetzungsstellen.

Weitere allgemeine Informationen zu den Rechten von Fahrgästen im Eisenbahnverkehr finden Sie auf der Website der DG MOVE (nur auf Englisch verfügbar):

http://ec.europa.eu/transport/passengers/rail/rail_en.htm

 

Ihre Rechte bei Flugreisen

Verspätung, Stornierung und Beförderungsverweigerung bei Flugreisen

 

Bei Stornierung, Beförderungsverweigerung oder mehr als 180 Minuten Verspätung, haben Sie abhängig von der Entfernung und leider nur unter gewissen Umständen Anspruch auf Ausgleichszahlungen.

Sollten Sie innerhalb der EU reisen und Ihr Zielort ist maximal 1.500 km entfernt, können Sie mit 250€ und ab 1.500 km mit 400€ rechnen.

Bei Reisen zwischen einem innereuropäischen und außereuropäischen Land gestaltet es sich wie folgt: Bis 1.500 km können Sie 250€, bei Distanzen zwischen 1.500 km und 3.500 km 400€ und bei mehr als 3.500 km 600€ erhalten.

Einen Anspruch auf kostenlose Verpflegung und Hotelübernachtung haben Sie bei Verspätungen von 120 Minuten (bei Flugreisen bis 1.500 km), bzw. 180 Minuten (bei Flugreisen bis 3.500 km), bzw. 240 Minuten (bei Flugreisen ab 3.500 km).

Einen Anspruch auf die komplette Rückerstattung des Flugpreises oder einen kostenlosen Rückflug haben Sie bei mehr als 300 Minuten Verspätung.

 

Beschädigung oder Verlust des Gepäcks

 

Bei Beschädigung oder Verlust Ihres Gepäcks haben Sie möglicherweise Anspruch auf eine Kostenerstattung durch die Airline von bis zu 1.223€/Gepäckstück. Der Anspruch kann nur innerhalb einer Frist von 7 Tagen geltend gemacht werden.

 

Rechte einfordern

 

Seine Rechte bei Flugreisen einzufordern, ist im Gegensatz zum Schienenverkehr wesentlich schwieriger.

Wenden Sie sich zunächst an die Fluggesellschaft und weisen Sie auf ihre Rechte hin!

Wenn dies keinen Erfolg hat, legen Sie Beschwerde bei der nationalen Durchsetzungsstelle ein. In Deutschland ist dies das Luftfahrt-Bundesamt.

Ansonsten lohnt es sich häufig, ein spezialisiertes Dienstleistungsunternehmen zu beauftragen. Gegen Provision versuchen diese Ihre Rechte durchzusetzen. Dabei gilt: Werden keine Ausgleichszahlungen erreicht, entstehen Ihnen in der Regel auch keine Kosten.

Informationen dazu finden Sie bei der Stiftung Warentest. Unterstützung bietet auch das Europäische Verbraucherzentrum Deutschland  an.

Die EU-Passagierrechte sind ein großer Fortschritt - doch die Politik ist weiter gefordert. Die Durchsetzung der Rechte in der Praxis ist noch immer schwierig. Und besonders trifft dies auf den klimaschädlichen Luftverkehr zu. Entschädigungen bei Flugreisen werden im Vergleich zum Eisenbahnverkehr erst bei längeren Verspätungen gezahlt. Daraus entsteht ein Wettbewerbsvorteil für die klimaschädlichen Fluggesellschaften gegenüber den umweltfreundlichen Eisenbahnunternehmen.

Reisende haben Rechte und wir als Grüne werden uns auch in Zukunft dafür einsetzen, dass Ihre Rechte insbesondere im Flugverkehr erweitert werden und diese auch durchgesetzt werden können.

 

Nützliche Links

Weitere Informationen zu Ihren Fahrgastrechten erhalten Sie u.a. auf den folgenden Webseiten:

www.fahrgastrechte.info

www.passagierrecht.de

www.bahn.de/fahrgastrechte

Eine Übersicht über alle in der EU gültigen Reiserechte finden Sie unter:

www.europa.eu/youreurope

 


[1] Verordnung Nr. 1371/2007/EG, Art. 2 regelt den Anwendungsbereich wie folgt: "(1) Diese Verordnung gilt gemeinschaftsweit für alle Eisenbahnfahrten und -dienstleistungen, die von einem oder mehreren nach der Richtlinie 95/18/EG des Rates vom 19. Juni 1995 über die Erteilung von Genehmigungen an Eisenbahnunternehmen genehmigten Eisenbahnunternehmen erbracht werden. (2) Diese Verordnung gilt nicht für Eisenbahnunternehmen und Beförderungsleistungen, die keine Genehmigung gemäß der Richtlinie 95/18/EG besitzen."