Das havarierte Containerschiff "Flaminia" wird voraussichtlich am Sonnabend deutsche Hoheitsgewässer erreichen. Das teilte das Havariekommando am Donnerstag in Cuxhaven mit. Im Europäischen Parlament wurde das Schiff schon vorher zum Thema. Die Havarie habe eklatante Mängel im EU-Krisenmanagement aufgedeckt. Die Grünen forderten Nachbesserungen.
"Wochenlang haben sich die Mitgliedsstaaten den schwarzen Peter hin- und hergeschoben und dem sich in höchster Not befindlichen Schiff den Zugang zu einem geschützten Liegeplatz verwehrt", sagte Michael Cramer, verkehrspolitischer Sprecher der Grünen im Europäischen Parlament. Auch die EU-Ebene habe versagt, wie bei einer am Donnerstag geführten Debatte im Verkehrsausschuss bezüglich des Krisenmanagements im Fall der "MSC Flaminia" deutlich geworden sei. Sowohl die Europäische Kommission als auch die Europäische Agentur für Meeressicherheit (EMSA) seien nicht in der Lage gewesen, auf Fragen zum aktuellen Stand und zu nötigen Schritten Auskunft zu geben. Es sei lediglich ein Hinweis erfolgt, dass die europäischen Institutionen nach geltendem Recht keinerlei Entscheidungs- oder Durchsetzungsbefugnisse hätten.
Cramer: "Die einzig richtige Konsequenz aus diesem Versagen ist deshalb eine sofortige Revision der geltenden Richtlinie 2009/17/EG über ein gemeinschaftliches Überwachungs- und Informationssystems für den Schiffsverkehr. Es reicht nicht, diese Revision erst 2013 oder 2014 einzuleiten, wie es die Kommission heute angekündigt hat."
Es gelte umgehend, die Kompetenzen eindeutig zuzuweisen und der Europäischen Kommission die Durchsetzung der Regeln im Notfall zu übertragen. Cramer: "In Not geratenen Schiffen muss am nächstgelegenen Hafen Hilfe geleistet werden - ohne Abstrich." Das deutsche Containerschiff war am 14. Juli 2012 auf dem Atlantik in Brand geraten, wobei ein Seemann getötet, ein weiterer vermisst wird. Weil sich andere Mitgliedsstaaten weigerten, dem Schiff eine geschützte Anlegestelle zu gewähren, irrte es auf den Meeren umher und wird jetzt in deutsches Gewässer geschleppt werden. Die "Flaminia" gehört der Reederei NSB Niederelbe aus Buxtehude.
Der Schleppverband mit dem rund 300 Meter langen Schiff werde zunächst die Tiefwasserreede vor Helgoland ansteuern, teilte das Havariekommando aus Cuxhaven mit. Zuvor wurde darüber spekuliert, dass der Havarist direkt nach Wilhelmshaven laufen könnte, weil er sich in einem stabileren Zustand als zuvor angenommen befinde. Ein Team des Havariekommandos werde an Bord gehen, sobald das Schiff deutsche Gewässer erreicht habe.
Unterdessen würden im neuen Jade-Weser-Port in Wilhelmshaven die Vorbereitungen getroffen, damit das Schiff dort einlaufen könne. Ein Zeitpunkt wurde nicht genannt. Am Donnerstagmittag befand sich das Schiff etwa auf Höhe von Rotterdam in holländischen Gewässern. Die Container, teilweise mit Gefahrgut beladen, sollen in Wilhelmshaven von Bord geholt werden.