SCHRIFTLICHE ANFRAGE
von Milan Horá?ek (Verts/ALE), Gisela Kallenbach (Verts/ALE) und Michael Cramer (Verts/ALE)
an die Kommission
E-4893/05
Betrifft: Geplante Staustufen an der Elbe in der Tschechischen Republik
Das tschechische Verkehrsministerium beabsichtigt, bis 2009 eine Staustufe an der Elbe bei De?in (Tetschen) zu errichten. Es gehe davon aus, dass dieses Bauwerk 117 Mio. EUR koste und davon bis zu 85% durch die EU finanziert würden. Laut Europäischer Wasserrahmenrichtlinie und FFH-Richtlinie 92/43/EWG ist eine Verschlechterung von Gewässern nicht zulässig, es sei denn, es werde ein überragendes öffentliches Interesse nachgewiesen. Durch den Bau einer Staustufe besteht jedoch die Gefahr, dass die Qualität der in deren Unterlauf frei fließenden Elbe und der anliegenden FFH-Schutzgebiete verschlechtert wird. Bislang konnte der Nachweis nicht erbracht werden, dass mit dem Bau einer Staustufe eine wirtschaftliche Flussschifffahrt ermöglicht würde. Eine Wirtschaftlichkeitsstudie des tschechischen Verkehrsministeriums aus dem Jahre 1999 geht noch von völlig anderen Rahmenbedingungen aus. Unter anderem beruht diese Studie auf zwei geplanten Staustufen. Darüber hinaus ist der Transport auf der Elbe in den letzten Jahren dramatisch zurückgegangen. Die Argumentation der Reedereien, dass durch den Bau einer Staumauer neuer Verkehr auf der Elbe erzeugt werden kann, ist nicht stichhaltig, da im Unterlauf nach dem verheerenden Elbehochwasser 2002 bislang keine Ausbaumaßnahmen mehr geplant sind.
1. Hat die Tschechische Republik bereits Fördermittel für den Bau der Staustufe beantragt und dabei Unterlagen über die Umweltauswirkungen vorgelegt? Welche Unterlagen zu Umweltauswirkungen hat sie hierbei vorzulegen? Ist die Kommission der Meinung, dass die Tschechische Republik die grenzüberschreitenden Effekte dieses Vorhabens besonders auf das Natura 2000 Gebiet "Elbtal zwischen Schöna und Mühlberg" (Kode DE4545301) genügend in Betracht gezogen hat?
2. Ist die Kommission der Meinung, dass der Bau einer Staustufe zum Zwecke der Vertiefung der Fahrrinne im überragenden öffentlichen Interesse ist, wenn eine daraus folgende Schifffahrt auf der Elbe bislang nicht als rentabel nachgewiesen werden konnte? Welche Kosten-Nutzen-Relation setzt die Kommission für eine Förderung an? Hat die Tschechische Republik diese nachgewiesen?
3. Ist die Kommission der Meinung, dass eine Ko-Finanzierung dieser Baumaßnahme aus Strukturfonds oder aus Mitteln des Kohäsionsfonds mit bis zu 85 % nach Artikel 161 EGV möglich ist, obwohl der Oberlauf der Elbe nicht Teil der Trans-Europäischen Netzplanung ist und die Maßnahme nicht zum Umweltschutz nach Artikel 174 Absatz 1 EGV beiträgt?
Anwort von Frau Hübner
im Namen der Kommission
15.2.2006 - E-4893/05DE
Der geplante Bau einer Staustufe an der Elbe bei De?in/Tetschen, auf den die Damen und Herren Abgeordneten Bezug nehmen, wird nicht aus Gemeinschaftsmitteln kofinanziert.
Angesichts des Verwendungsgrades der Gemeinschaftsmittel für den Programmzeitraum (2004-2006) scheint es auch nicht möglich, dass für das genannte Vorhaben in diesem Zeitraum noch Mittel bereit gestellt werden könnten.
Sollte die Kommission später einen Kofinanzierungsantrag zu diesem Vorhaben erhalten, so wird sie ihn auf der Grundlage der Vorschriften prüfen, die für den Zeitraum 2007-2013 gelten werden. Doch müssen Infrastrukturvorhaben, gleichgültig, ob sie aus Gemeinschaftsmitteln kofinanziert werden oder nicht, zum einen den Anforderungen der Richtlinie 85/337/EWG über die Umweltverträglichkeitsprüfung in der durch die Richtlinie 97/11/EG und die Richtlinie 2003/35 geänderten Fassung und zum anderen den Auflagen der Richtlinie 92/43/EWG zur Erhaltung der natürlichen Lebensräume genügen. Außerdem muss ein solches Vorhaben auch die Anforderungen der Wasserrahmenrichtlinie (Richtlinie 2000/60/EG ) erfüllen, deren Artikel 4 zufolge bei allen Gewässern eine Verschlechterung des Zustands grundsätzlich - mit begrenzten Ausnahmen - verhindert werden muss.
Nach Artikel 2 Absatz 1 der Richtlinie 85/337 in der durch die Richtlinie 97/11 geänderten Fassung "treffen die Mitgliedstaaten die erforderlichen Maßnahmen, damit vor Erteilung der Genehmigung die Projekte, bei denen unter anderem aufgrund ihrer Art, ihrer Größe oder ihres Standortes mit erheblichen Auswirkungen auf die Umwelt zu rechnen ist, einer Genehmigungspflicht unterworfen und einer Prüfung in Bezug auf ihre Auswirkungen unterzogen werden." Diese Projekte sind in Artikel 4 definiert, in dem auf die Anhänge I und II der genannten Richtlinie verwiesen wird.
Sollten die Damen und Herren Abgeordneten über Informationen verfügen, die auf das Vorliegen eines Verstoßes schließen lassen, so ersucht sie die Kommission, ihr alle einschlägigen Angaben zu übermitteln, damit sie prüfen kann, ob das fragliche Vorhaben in irgendeiner Hinsicht mit den oben genannten Richtlinien unvereinbar ist.