erschienen in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung
Von Kerstin Schwenn. Der Bundesregierung droht Ärger mit der Europäischen Union. Die EU-Kommission prüft derzeit eine Beschwerde wegen möglicherweise unzulässiger Zahlungen des Flughafens München an verschiedene Fluggesellschaften.
Die Flughafen München GmbH gewährt den Unternehmen demnach seit Mitte der neunziger Jahre bei Langstreckenflügen einen "Marketingzuschuss” für die Treibstoffkosten in Höhe von bis zu 25 Euro je 1000 Liter Kerosin. Mit diesem Zuschuss soll der Standort gefördert werden. Der Flughafen München ist öffentliches Eigentum; Gesellschafter sind das Land Bayern mit 51 Prozent, der Bund mit 26 und die Stadt München mit 23 Prozent.
Zuschüsse wegen Standortnachteil gerechtfertigt
In einer Mitteilung an die Europäische Kommission, die dieser Zeitung vorliegt, gibt die Bundesregierung die Zahlungen an Fluggesellschaften für Langstreckenflüge mit mehr als fünf Stunden Dauer zu. Seit 1994 seien zunächst 50 DM, zuletzt 14 Euro je 1000 Liter Treibstoff gezahlt worden. Die Zahlungen, die sich auf rund 6 Millionen Euro im Jahr summierten, seien mit dem Winterflugplan 2006/2007 beendet worden. Allerdings gebe es seither eine neue, in der Berechnung vereinfachte, "diskriminierungsfreie” Förderung der Fluglinien mit Langstreckenangeboten.
Die Bundesregierung rechtfertigt die Zuschüsse mit einem Standortnachteil, etwa im Vergleich zu Frankfurt. Flüge sollten nach München gelenkt werden, um die Stadt zum zweiten deutschen Luftverkehrskreuz auszubauen. Wegen des fehlenden Binnenhafens sowie fehlender Pipeline-Verbindungen zu den Nordseehäfen hätten die Luftfahrtunternehmen in München wegen höherer Transportkosten seit jeher höhere Preise für Kerosin zahlen müssen. Mitte der neunziger Jahre hätten mehrere mit Abwanderung gedroht. Dies sei durch die Zahlungen abgewendet worden. Durch die Zuschüsse sei nur ein Teil der Mehrkosten kompensiert worden.
Europaparlamentarier Cramer lehnt Zuschuss ab
"Aus Sicht der Flughafen-Geschäftsführung stellte die Gewährung des Zuschusses eine unabdingbare Maßnahme dar, um den wirtschaftlichen Erfolg des Unternehmens nicht erheblich zu gefährden”, heißt es in der Begründung des Bundesverkehrsministeriums. Hierbei sei auch zu bedenken, dass es nicht nur um die Sicherung des Münchner Flughafens gegangen sei, "sondern auch um den hiermit untrennbar verbundenen Zubringerverkehr seitens anderer Flughäfen”.
Der Europaparlamentarier Michael Cramer (Grüne) lehnt die Kerosinzuschüsse ab und fordert Sanktionen: "Es ist ein Skandal, dass in München illegale Praktiken angewendet werden, um den Klimakiller Luftverkehr, dessen Kohlendioxidemissionen mehr als dreimal so gefährlich sind wie die von Industrie oder Autoverkehr, zusätzlich zu subventionieren”, sagte Cramer dieser Zeitung in Berlin.
Schon heute könnten die Fluggesellschaften ihre Passagiere zum Taxipreis zwischen den Metropolen befördern, weil sie vom Emissionshandel befreit seien, Kerosin nicht besteuert werde und auf internationale Tickets keine Mehrwertsteuer erhoben werde. "Wer öffentlich gegen den Klimawandel redet und ihn heimlich unterstützt, hat nichts begriffen. Die EU muss harte Strafen verhängen.”