Am Montag wird der Verkehrsausschuss des Europäischen Parlaments über die zukünftigen Flugdienstzeiten von Piloten abstimmen. Sollte sich keine Mehrheit gegen den Gesetzesvorschlag der Kommission finden, drohen Piloten in Zukunft Arbeitszeiten von bis zu 22 Stunden. Das ist eine große Gefahr für die Sicherheit der Fluggäste und der Besatzung. Gerade angesichts des aktuell bekannt gewordenen Vorfalls vom 13. August 2013, als gleichzeitig beide Piloten einer britischen Passagiermaschine wegen Übermüdung im Cockpit eingeschlafen sind, ist ein solches Gesetz nicht zu verantworten. Dazu erklärt Michael Cramer, verkehrspolitischer Sprecher der Grünen im Europäischen Parlament:
"Am kommenden Montag hat der Verkehrsausschuss des Europäischen Parlaments die Gelegenheit, der geplanten Neureglung der Flugdienstzeiten für Piloten die rote Karte zu zeigen. Es ist nun an uns Abgeordneten, den verantwortungslosen Gesetzesvorschlag der Kommission für eine demokratischere Abstimmung ins Plenum zu überweisen. Ich frage mich, ob es erst auch in der EU zu einem Unfall kommen muss, bis das Parlament, die EASA und die EU Kommission endlich aufwachen? (1)
Der Vorschlag ist nicht nur aus arbeitsrechtlichen Gründen inakzeptabel, er ist auch sehr gefährlich. Zudem empfinde ich das von der Kommission gewählte Gesetzgebungsverfahren für dieses Dossier als äußerst undemokratisch (2). Mit ihrer Gesetzesinitiative setzen sich EASA und Europäische Kommission über das einstimmige Urteil einer beauftragten Expertengruppe hinweg und argumentieren, dass Piloten selbst nach 22 Stunden Wachsein immer noch ein Flugzeug sicher steuern können (3). Sie ignorieren damit auch ein Urteil des EuGH, nach dem Bereitschaftszeiten wie Arbeitszeiten zu bewerten sind.
Schon heute ist jeder fünfte Zwischenfall am Boden oder in der Luft auf übermüdete Piloten zurückzuführen. Erst diese Woche wurde ein erschreckender Vorfall in einer britischen Passagiermaschine bekannt, bei dem während des Fluges beide Piloten aus Übermüdung einfach einschliefen. Laut Umfragen ist dies schon jedem dritten (!) Piloten mindestens einmal passiert. Es ist skandalös, dass solche Ergebnisse die EASA und die Kommission wenig kümmern. Denn hier steht das Leben der Beschäftigten und der Passagiere auf dem Spiel!
Wir Grüne lehnen daher den Gesetzesvorschlag der Kommission entschieden ab: Das Profitstreben der Airlines darf sich nicht auch noch in diesem Bereich durchsetzen – auf Kosten der Sicherheit aller und der Arbeitsbedingungen der Crews! Denn bereits heute bekommen die Airlines jedes Jahr vom EU-Steuerzahler 30 Milliarden Euro - die Deutschen zahlen davon 12 Milliarden Euro - geschenkt, weil sie, im Gegensatz zur Bahn, deren Kunden das alles bezahlen müssen, von der Kerosinsteuer und auf internationalen Strecken auch von der Mehrwertsteuer befreit sind."
(1) Es gibt eine Reihe von Unfällen und Vorfällen, die auf Übermüdung der Piloten zurückzuführen sind. So stürzte am 12. Februar 2009 in Buffalo ein Flugzeug mit Passagieren, zwei Flugbegleiterinnen und zwei Piloten auf ein Haus. Alle Insassen und ein Mann am Boden kamen um. Als Unfallursache wurde später offiziell unter anderem die Übermüdung der Piloten angeführt.
(2)Denn im sogenannten Komitologie-Verfahren kann das Parlament den Gesetzesvorschlag lediglich als Ganzes ablehnen und das auch nur, wenn ein entsprechender Entschließungsantrag durch eine Fraktionsmehrheit vorher auf die Tagesordnung gesetzt wurde. Somit ist uns Abgeordneten das Mitspracherecht quasi verweigert.
(3) Die EASA hatte vor einiger Zeit selbst eine Studie in Auftrag gegeben (Moebus-Report), die zu dem Ergebnis kommt, dass Müdigkeit durchaus ein Problem im Cockpit ist und Arbeitszeiten von mehr als 10 Stunden gefährlich sind.