Festvortrag in der nordischen Botschaft in Berlin, Mittwoch, den 29. Januar 2014
Herr Botschafter Poulsen-Hansen,
Herr Haure-Petersen,
Meine sehr geehrten Damen und Herren,
für die Einladung zu diesem Festvortrag möchte ich mich ganz herzlich bedanken.
„Brauchen wir die Fähren noch?“ Eine Antwort auf diese zugegebenermaßen provokante Frage möchte ich versuchen. Denn hinter dieser Frage steht eine wichtige Herausforderung in der europäischen Verkehrspolitik, die ich im Folgenden darlegen werde.
Überall wird von riesigen Bauprojekten, vor allem von Tunneln geträumt. In Nord-Europa von einem Tunnel zwischen Norwegen und Dänemark, zwischen Helsinki und Tallinn, Rostock und Gedser – und nicht zuletzt zwischen Puttgarden und Rödby. Begonnen hatte die Tunnel-Orgie mit dem Tunnel unter dem Ärmelkanal zwischen Frankreich und Großbritannien. Und da Margret Thatcher auf einer rein privaten Finanzierung bestand, wurde daraus eines der größten finanziellen Desaster.
Bei jedem dieser Projekte wurde immer wieder die Frage gestellt: „Brauchen wir die Fähren noch?“ Die Erfahrung zeigt: Ja, wir brauchen sie noch. Auch wenn anfangs immer gedacht wurde, die Fährverbindungen würden eingestellt, so sieht die Realität heute anders aus. Zwischen Calais und Dover verkehren - sogar im Stundentakt - auch weiterhin Fährschiffe. Und von einer Einstellung der Fähren zwischen Rödby und Puttgarden - wenn die Feste Fehmarnbelt-Querung denn wirklich kommen sollte - habe ich außer von den Tunnel-Fetischisten noch nichts gehört.
Damit die Fähren eine Zukunft haben, müssen sie aus meiner Sicht jedoch dringend ihre Umweltbilanz verbessern. Ich habe den Eindruck, dass sich dies auch in der Branche durchsetzt. Denn laut der Internationalen Schifffahrtsorganisation (IMO) haben die Emissionen durch die internationale Schifffahrt in den letzten Jahren stark zugenommen und dürften ohne Gegensteuern bis 2020 auf 6% der gesamten CO2 Emissionen weltweit ansteigen.
Besonders problematisch ist, dass die Hochseeschifffahrt Schweröl verwendet, das ein Sonderabfall der Rohölproduktion ist. Eigentlich müsste der als hochgiftiger Sondermüll entsorgt werden. Er wird aber einfach verbrannt, weshalb der Vorwurf nur schwer zu entkräften ist, es handele sich bei der Hochseeschifffahrt um „Sondermüllverbrennungsanlagen ohne Filter“.
Da wir wissen, dass die klima- und gesundheitsschädlichen Emissionen auch uns in Europa betreffen, müssen wir schnellstens umsteuern. Studien zeigen, dass in Europa pro Jahr 50 000 frühzeitige Todesfälle auf die von den Schiffen verursachte Luftverschmutzung zurückgehen.
Bei den Schwefelemissionen ist die EU bereits aktiv geworden: In den ausgewiesenen Kontrollzonen, das heißt in der Ost- und Nordsee sowie dem Ärmelkanal, gilt ab 2015 ein Grenzwert von 0,1%. Gegenwärtig gilt für die übrigen Gewässer noch ein Limit von 0,5%. Ab 2020 gilt aber in allen EU-Gewässern der Grenzwert von 0,1%.
Um im Vergleich mit dem Straßen- und Schienenverkehr bestehen zu können, muss die Schifffahrt - und damit auch der Fährverkehr - sauberer werden. Ich freue mich, dass Scandlines auf dem richtigen Weg ist. Das Vorhaben, in den nächsten Jahren auf eine Flotte von Null-Emissionsfähren umzusteigen, ist absolut richtig - ökologisch und ökonomisch!
All das weist in die richtige Richtung. Und vor diesem Hintergrund möchte ich gerne über die geplante Feste Fehmarnbelt-Querung sprechen. Für mich ist es ohne Zweifel eines der unsinnigsten Großprojekte, die derzeit in Europa geplant werden. Und diese Aussage gilt nicht nur umweltpolitisch. Sie gilt auch verkehrspolitisch, finanzpolitisch und ökonomisch. Und sie gilt allemal in dem Jahr, in dem sich der Fall des Eisernen Vorhangs zum 25. Mal jährt.
Die Feste Fehmarnbelt-Querung zwischen Deutschland und Dänemark ist ein typisches Projekt des Kalten Krieges und war schon vor dem Fall des Eisernen Vorhangs und der Osterweiterung der EU geplant. Seit 1989 hat sich aber Europa gewaltig verändert und die Verkehrsströme nicht minder. Vom schwedischen Trelleborg gibt es heute täglich mehr als 10 Schiffsverbindungen nach Rostock und Sassnitz. Vom dänischen Gedser fahren schnelle Fährschiffe im Zwei-Stunden-Takt rund um die Uhr nach Rostock.
Zudem wurde mit der Öresundbrücke im Jahr 2000, in Ergänzung zur Querung über den Großen Belt, eine feste Verbindung zwischen Deutschland, Dänemark und Schweden für Straße und Schiene dem Verkehr übergeben. Mit anderen Worten: Das Zentrum Europas ist mit dem Norden des Kontinents auf verschiedenen Wegen bereits bestens verbunden. Schon das alleine sollte als Grund reichen, sich von diesem Milliarden-Projekt zu verabschieden.
Die Fehmarnbelt-Querung ist aber nicht nur unnötig - sie kann jenseits der Umweltschäden auch wirtschaftlich und verkehrspolitisch enormen Schaden anrichten. Sollte der knapp sechs Mrd. Euro teure Fehmarnbelt-Tunnel realisiert werden - das achte Weltwunder, weil der Tunnel billiger als die Brücke sein soll - wären die mit Milliarden-Investitionen modernisierten Häfen in Mecklenburg-Vorpommern und Südschweden natürlich stark betroffen.
Nicht nur Ost-Deutschland, ganz Ost-Europa würde vom Nord-Süd-Verkehr der EU abgekoppelt. Auch ohne das gigantische Tunnelbauwerk ist durch Fähren, die rund um die Uhr im Einsatz sind, eine schwimmende Brücke entstanden. Und auch die Schienenverbindung wird die Verlagerung auf die Straße nicht vermeiden.
Wir haben doch die Erfahrung, dass wegen der unfairen Wettbewerbsbedingungen, der LKW-Verkehr zwischen Skandinavien und Ost-Europa den kilometerlangen Umweg über Schleswig-Holstein bevorzugt. Eine zusätzliche Straßenverbindung wäre auch ökologisch unsinnig, weil die Menschen in Lärm, Stau und Abgasen ersticken würden. Auch für den Lübecker Hafen wäre eine feste Beltquerung Gift. Etwa 20 Prozent der südschwedischen Verkehre, die heute über Travemünde laufen, würden wegfallen. Der (Straßen)Tunnel würde die einseitige Bevorteilung der LKW auf Kosten der Steuerzahler und der Umwelt verschärfen.
Vergleicht man die Transportleistungen der Ostsee-Häfen, so sind nach Angaben der Industrie- und Handelskammer (IHK) Berlin die Passagierzahlen in Kiel seit 1990 um knapp eine halbe Million zurückgegangen. Dass sich die IHK zusammen mit den Grünen gegen ein großes Verkehrsprojekt ausspricht, ist nach meinem Wissen eine Premiere, die zu denken geben sollte!
Während auch in Puttgarden, Lübeck/Travemünde und Mukran/Sassnitz die Transportleistung zurückgegangen ist, ist das Güteraufkommen in Szczecin und ?winouj?cie leicht und in Rostock um fast das Dreißigfache gestiegen. Die einzige Hafenstadt, die beim Personen- und Güterverkehr außerordentlich boomt - auch wenn die Krise ein kleiner Dämpfer war - ist also Rostock. Anstatt dort die Schienenanbindung des Hafens zu verbessern - der Engpass im Knoten wurde durch den Abbau der Gleise nach dem 2. Weltkrieg verursacht - und die Strecke nach Berlin schnell zu ertüchtigen, wird an der Planung aus dem Kalten Krieg festgehalten, um für 6 Mrd. Euro einen Tunnel für Straße und Schiene durch den Fehmarnbelt und damit an der falschen Stelle bauen zu können.
Und nach unseren Erfahrungen mit Stuttgart 21, der Elbphilharmonie in Hamburg und dem neuen Flughafen Berlin-Brandenburg müssen wir davon ausgehen, dass sich die Kosten locker vervielfachen können.
Im letzten Sommer hat die EU die Revision der Transeuropäischen Netze abgeschlossen. Auf Druck der Grünen hin hat sich das Europäische Parlament dafür eingesetzt, die Schienenstrecke zwischen Gedser und Nykøbing in das prioritäre Kernnetz aufzunehmen. Doch die dänische Regierung hat das blockiert, um die Feste Fehmarnbelt-Querung nicht zu gefährden.
Gelungen ist es uns immerhin, den Rostocker Hafen in den Kernnetz-Korridor zwischen Skandinavien und dem Mittelmeer aufzunehmen. Damit bleibt es möglich, die Fährverbindung zwischen Rostock und Gedser im Rahmen der Transeuropäischen Netze auszubauen. Das ist ein wichtiges Signal, denn aus gesamteuropäischer Verantwortung sagen wir: Auch in Europa muss zusammenwachsen, was zusammen gehört. Deshalb muss das knappe Geld dort ausgegeben werden, wo die Spaltung durch den ehemaligen Eisernen Vorhang schnellstmöglich überwunden wird und der umwelt- und verkehrspolitische Effekt am größten ist.
Die Doppelend-Fähren, die heute alle 30 Minuten verkehren, könnten sogar noch schneller sein, bleiben aber dennoch bei exakt 45 Minuten, um den LKW-Fahrern ihre gesetzlich verordnete Ruhezeit von genau derselben Länge zu ermöglichen.
Für Spediteure ist es also keineswegs ein Zeitnachteil, zwischen Dänemark und Deutschland auf die Fähre angewiesen zu sein. Die Schiffe sind - ganz im Gegenteil - zu schwimmenden Rastplätzen im täglichen Geschäft geworden. Und die Rastplätze auf dem Schiff sind sicher - nicht so wie auf dem Land. In Deutschland fehlen nämlich 20.000 LKW-Parkplätze für die von der EU im Interesse der Straßensicherheit verbindlich vorgeschriebenen Lenk- und Ruhezeiten.
Trotz alledem heißt die Parole: „think big“ – auch wenn das Geld fehlt. Für die Transeuropäischen Netze, den Verkehrswegeplan für Europa, sind im EU-Haushalt bis 2020 insgesamt 26 Milliarden Euro eingeplant, wovon 11 Mrd. Euro als Kohäsionsmittel weder Deutschland noch Dänemark zur Verfügung stehen.
Die beschlossenen Vorhaben sind jedoch leider eine reine Wunschliste nationaler Egoismen. Dort findet man Prestige-Projekte, die zwar viel Geld verschlingen, in 20 oder 30 Jahren vielleicht zu 60 oder 70 % fertiggestellt sind, verkehrspolitisch aber allenfalls bescheidenen Nutzen haben.
Eines der Parade-Beispiele dafür ist der geplante Alpentunnel zwischen Lyon und Turin. Dieser geplante Bahntunnel verläuft parallel zu einer existierenden Schienenstrecke, die wenig ausgelastet ist. Anstatt das Existierende zu ertüchtigen, soll ein 50 km langer Tunnel durch schwierigstes Terrain gebaut werden. Offiziell soll er 12 Milliarden Euro kosten, doch der französische Rechnungshof schätzt die wahren Kosten heute schon auf 26 Milliarden.
Das hinderte jedoch den französischen Präsidenten Francois Hollande und den damaligen italienischen Regierungschef Mario Monti nicht daran, öffentlich zu behaupten, die EU zahle 40% der Kosten. Weil nicht alles EU-Geld in ein Projekt fließen kann, sondern auf alle 28 Mitgliedstaaten verteilt werden muss, sollte den Gründungsmitgliedern der EU eigentlich klar sein. Und dass es gerade die Regierungen im Rat waren, die die EU-Budgets gekürzt haben, dürfen wir auch nicht vergessen.
All das gilt natürlich auch für die Feste Fehmarnbelt-Querung. Die EU wird zwar einen kleinen Teil der Kosten tragen, doch die Hauptlast läge auf dänischen Schultern. Denn für die deutsche Bundesregierung hat der Tunnel-Bau - entgegen allen öffentlichen Beteuerungen - keine Priorität. Hinter vorgehaltener Hand wurde die Zustimmung damit begründet, dass man den Dänen keinen Strich durch die Rechnung machen wollte, weil die ja ohnehin alles bezahlen. Entsprechend gering fällt demnach auch der deutsche Finanzierungsanteil aus, entsprechend wenig tut die Bundesregierung auch für die Hinterlandanbindung.
Das Positionspapier für die konventionellen Güterverkehrsnetze, das zwischen der Bundesregierung, der DB AG und dem Eisenbahnbundesamt abgestimmt wurde, sieht die Führung des Skandinavienverkehrs über den Großen Belt vor, die über große Kapazitätsreserven verfügt. Dementsprechend soll auch die Strecke zwischen Hamburg und Flensburg schnellstmöglich modernisiert und ertüchtigt werden. Ein Ausbau der Zubringerstrecke zur geplanten Fehmarnbelt-Brücke zählt hingegen in Deutschland nicht zu den vorrangingen Projekten.
Gescheitert ist die DB AG angesichts dieser mangelnden Priorisierung auch mit ihrem Antrag, von der EU den eingleisigen Ausbau der Bahnanbindung fördern zu lassen. Denn Europa fördert nur leistungsstarke zweigleisige Verbindungen. Aber selbst wenn die Schienenanbindung zweigleisig realisiert würde, wäre das Problem noch längst nicht gelöst. Denn die Knoten Hamburg, Bremen und Hannover sind schon heute die Sorgenkinder des Eisenbahn-Netzes. Anstatt die Nord-Süd-Verkehre zu dezentralisieren, würde die Fehmarnbelt-Querung sie alle über Hamburg leiten. Das Desaster von kilometerlangen Staus im Güterverkehr und ein Chaos im Personenverkehr rund um Hamburg wären vorprogrammiert.
Und dass man ein Nadelöhr dadurch löst, dass man das Verkehrsaufkommen einfach steigert, ist in der Geschichte der Physik und der Verkehrspolitik ein weltweites Novum!
Auch auf der Straße führt die vierspurig geplante Fehmarnbelt-Querung geradewegs in ein unauflösliches Nadelöhr. Die bereits existierende Fehmarnsund-Querung zwischen dem deutschen Festland und der Insel ist nämlich nur zweispurig ausgebaut. Ein weiterer Ausbau ist aus Naturschutzgründen verboten und wird von der Landesregierung in Schleswig-Holstein ausdrücklich auch nicht angedacht. Die Kapazitäten, die milliardenschwer aufgebaut werden sollen, enden also wenige Kilometer später im Stau. Als hätten sie in der Schule nicht aufgepasst, wollen uns die Baumeister am Fehmarnbelt weismachen, es sei ein Irrtum, dass eine Kette nur so stark ist, wie ihr schwächstes Glied.
Aber schauen wir noch einmal auf das liebe Geld. Viele dänische Abgeordnete im Europäischen Parlament sprechen angesichts der Finanzplanung von den "dummen Dänen", die fast alle Kosten übernehmen, während in Deutschland bis ins Bundesverkehrsministerium hinein die Devise gilt: "Warum sollten wir die Fehmarnbelt-Brücke ablehnen, wenn wir sie quasi geschenkt bekommen."
Das Urteil über ihre Landsleute will ich meinen dänischen Kollegen überlassen. Doch die Freude über den "geschenkten Gaul" aus Kopenhagen, die meine Landsleute vor allem im Verkehrsministerium offenbar umtreibt, halte ich aus zwei Gründen für alles andere als klug: Erstens bleiben noch immer Lasten von mindestens einer Milliarde auf deutscher Seite, ergänzt durch den deutschen Anteil an den EU-Mitteln. Zweitens steht auch die Regierung in Berlin im Weg, wenn es um eine zukunfts-weisende europäische Verkehrspolitik geht.
Wollte man von den Projekten der Transeuropäischen Netze, dem europäischen Verkehrswegeplan, nur drei Projekte realisieren - den Brenner-Basistunnel zwischen Österreich und Italien, den Fehmarnbelt-Tunnel zwischen Deutschland und Dänemark und den eben schon erwähnten Eisenbahn-Tunnel zwischen Lyon und Turin - wäre das Geld schon mehr als verbraucht, ohne dass auch nur ein einziger sinnvoller verkehrspolitischer Effekt erzielt worden wäre.
Und auf den Vertrag zwischen Deutschland und Dänemark kann man sich auch nicht verlassen. Im Vertrag von Lugano hatte sich Deutschland nämlich 1996 verpflichtet, die Schienenstrecke für den wichtigsten Güterkorridor Rotterdam-Genua viergleisig auszubauen. Im Vertrauen darauf hatte die Schweiz mit dem Tunnelbau begonnen. Der Lötschbergtunnel ist bereits fertig, der Gotthardt-Tunnel schon durchstochen. Auf deutscher Seite müssten für den Abschnitt zwischen Basel und Karlsruhe vier Milliarden investiert werden. Im letzten Haushalt waren dafür 19 Millionen Euro eingeplant. Bei diesem Etat bräuchten wir mehr als 200 Jahre, bis Deutschland den Vertrag von Lugano erfüllt.
10 Jahre nach dem Beginn der EU-Osterweiterung und 25 Jahre nach dem Fall des Eisernen Vorhangs sind gerade die Eisenbahnverbindungen gen Osten noch immer in einem schlechten Zustand. Von Berlin nach Breslau dauerte es einst zweieinhalb Stunden, heute mit 5 Stunden doppelt so lang. Auch die Verbindung von Berlin nach ?winouj?cie und nach Usedom, in die „Badewanne von Berlin“, könnte von 4 auf zwei Stunden halbiert werden. Lediglich 100 Mio. Euro würden benötigt, um die nach dem Krieg abmontierten Gleise und die von deutschen Truppen in den letzten Kriegstagen zerstörte Karniner Brücke wieder aufzubauen.
Die Reihe der Beispiele ließe sich fortsetzen. Der europäische Eisenbahnraum ist nämlich ein Flickenteppich, dessen Lücken exakt an den Grenzen sind. Trotz Milliarden-Investitionen der letzten Jahrzehnte wurde der europäische Mehrwert nicht erreicht, weil die Gelder der EU von den Mitgliedstaaten lieber für ihre nationalen Projekte als Mitnahmeeffekt genutzt werden.
Aber etwas Positives kann ich auch vermelden: Zwischen dem deutschen Sebnitz und dem tschechischen Dolní Poustevna wird in diesem Jahr die Lücke von 660 Meter geschlossen. Dieser Lückenschluss dauerte 25 Jahre! Das als Schneckentempo zu bezeichnen, ist eine Beleidigung der Schnecke, denn die schafft in 25 Jahren mehr als 660 Meter. Kein Wunder, dass Europa nicht zusammenwächst!
Nicht nur angesichts der knappen Mittel müssen alle Planungen deshalb unter zwei Gesichtspunkten überprüft werden: Welchen verkehrspolitischen Effekt haben sie, und wie wirken sie sich auf die Umwelt aus? Eine europäische Verkehrspolitik muss in erster Linie das Zusammenwachsen Europas nach dem Fall des Eisernen Vorhangs befördern. Zudem muss aus ökologischen Gründen die Verlagerung des Verkehrs von der Straße auf Eisenbahn und Schiff erreicht werden. Erst wenn das gelungen ist, quasi am Ende der Kette, könnte man sich an sinnvolle Großprojekte wenden. Macht man es umgekehrt, wird auf Jahrzehnte das Geld vergraben, das für die Verkehrsverlagerung heute so dringend notwendig ist.
Auch wenn es anders behauptet wird – die Feste Querung über den Fehmarnbelt ist noch längst nicht beschlossene Sache. Die Zahlen sind von 2004, als man noch genauso vorteilhaft von einer Brücke ausging wie heute von einem Tunnel. Und auch davon ausging, dass der Fährverkehr eingestellt würde. Davor gibt es offensichtlich große Angst. Denn warum sonst hat die dänische Regierung die Ertüchtigung der Bahnstrecke zwischen Gedser und Nykøbing blockiert?
Vor dem Hintergrund, dass auch nach dem Bau der festen Querung Fähren verkehren, müssen die Planfeststellungsunterlagen korrigiert und anpasst werden. Nicht nur die Politik, auch die dänische und deutsche Öffentlichkeit muss vollständig und korrekt informiert werden.
Aufgrund meiner Erfahrung ist für mich diese Messe noch längst nicht gesungen. Ich habe z.B. zehn Jahre lang gegen den Transrapid Berlin-Hamburg gekämpft. Alles schien damals klar. Die Finanzierung war gesichert und mit der gültigen Planfeststellung war auch das Baurecht vorhanden. Und dann wurden die Finanzen noch einmal überprüft – und der Transrapid schwebte nicht nach Hamburg, sondern ins Berliner Museum für Verkehr und Technik. Und da gehört er auch hin.
Und das gilt auch für zwei weitere Projekte, die mittlerweile zur politischen Geschichts-Episode geworden sind: Den Stoiber-Transrapid in München mussten seine CSU-Nachfolger auch aufgeben. Und die Brücke über die Straße von Messina, zwischen dem italienischen Festland und Sizilien. Die hatte Berlusconi seinen Landsleuten - viele sagen auch: seiner Mafia - immer wieder versprochen. Mittlerweile ist sie aus der Planung der Transeuropäischen Netze gestrichen worden!
Warum sollten diese Erfahrungen bei der Festen Fehmarnbelt-Querung keine Rolle spielen? Ich jedenfalls setze mich auch weiterhin für die schnellere, kostengünstigere und umweltfreundlichere Alternative ein. Der Fehmarnbelt-Tunnel muss zugunsten der Fährverbindung ad acta gelegt werden.
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!