Europafeindlich, nicht ökologisch und unsozial

15. Dezember 2016 zur Übersicht

Mein Meinungsbeitrag zur deutschen Maut für den "Weser Kurier"

Einige deutsche Autofahrer dürften sich diebisch gefreut haben, weil die „Pkw-Maut für Ausländer“ nun endlich kommt. Nur Fahrer mit nichtdeutschem Kennzeichen werden zur Kasse gebeten, deutsche Pkw-Halter bekommen mindestens die Kosten der Vignette erstattet. Besitzer neuerer Wagen können sogar eine Überkompensation erwarten. Minister Dobrindt will damit eine Maut, die nicht nur anti-europäisch, unsozial und unökologisch ist, sondern auch kaum zu Mehreinnahmen führt.

Anti-europäisch ist das Mautprojekt von Beginn an gewesen. Es sollte nämlich bayerische Autofahrer besänftigen, die über das „Pickerl“ in Österreich verärgert sind. Dazu sollte aber nicht eine Maut für alle eingeführt werden, sondern eine moderne Form der Wegelagerei. Es sollten nämlich nur die ausländischen Fahrer zahlen – kein Deutscher auch nur einen einzigen Eurocent mehr. Dass in Österreich und anderswo Inländer genauso wie Ausländer zur Finanzierung der Infrastruktur beitragen, kümmerte den Minister nicht.
Auch nicht, dass ausländische Fahrer längst in deutsche Taschen zahlen, da sie beim Tanken auf jeden Liter ebenso wie die deutschen Wagenlenker Energiesteuern entrichten müssen.

Und genau hier hätte man schnell und ohne Bürokratie Mehreinnahmen erreichen können. So würde allein der Abbau der steuerlichen Bevorteilung vom extrem gesundheitsschädlichen Diesel – sage und
schreibe 18 Cent pro Liter! – für zusätzliche Milliarden sorgen. Doch Dobrindts CSU ging es nie um eine faire Finanzierung der Straßen, sondern um das Schüren anti-europäischer Ressentiments. Klagen vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) sind damit abermals programmiert und wurden bereits von unseren Nachbarländern angekündigt.

Dabei hatte der EuGH schon 1992 die Pläne des CSU-Ministers Friedrich Zimmermann gestoppt, der eine
Lkw-Maut mit gleichzeitiger Steuerentlastung der Deutschen einführen wollte. Zimmermann – klüger als Dobrindt – zog seine Mautpläne damals zurück. Erst 2005 setzte die rot-grüne Bundesregierung die
streckenbezogene Lkw-Maut schließlich durch – jedoch ohne eine Senkung der Steuer.

Dobrindts Vignetten-Maut ist nicht nur unökologisch, sondern auch unsozial. Warum muss ein umweltbewusster Autofahrer für 10 000 Kilometer genauso viel zahlen wie ein Vielfahrer, der pro Jahr 200 000 Kilometer zurücklegt? Das ist das Gegenteil dessen, was die EU seit Jahren unter den Stichworten Nutzerfinanzierung und Verursacherprinzip zu erreichen versucht – von gerecht ganz zu schweigen. Stimmt die SPD diesem Gesetz zu, muss nicht nur die CSU das Wort „sozial“ aus ihrem Parteinamen streichen!