Ex-Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt dürfte sich ins Fäustchen lachen: Der Generalanwalt Nils Wahl schlägt den Richtern am Europäischen Gerichtshof vor, die Klage Österreichs gegen die deutsche PKW-Maut (Infrastrukturabgabe, „Ausländermaut“) abzuweisen. Die Niederlande hatten sich der Klage angeschlossen.
Späte Genugtuung in Berlin: Der Generalanwalt Nils Wahl schlägt den Richtern am Europäischen Gerichtshof (EuGH) vor, die Klage Österreichs gegen die deutsche PKW-Maut (Infrastrukturabgabe, „Ausländermaut“) abzuweisen. Die Niederlande hatten sich der Klage der Österreicher angeschlossen. Der Vorwurf der Kläger, die deutsche Straßengebühr für Fahrzeuge unter 3,5 t diskriminiere Ausländer, beruhe auf einem grundlegenden Missverständnis des Begriffs „Diskriminierung“. In nahezu allen Verfahren folgen die Luxemburger Richter in ihrer Entscheidung dem Vorschlag des Generalanwalts.
Anstoß nahmen die klagenden Staaten an der Regel, dass den Haltern inländischer Fahrzeuge eine Entlastung bei der deutschen Kraftfahrzeugsteuer zugutekommt, die dem Betrag der PKW-Maut entspricht. Halter von besonders umweltfreundlichen PKW (Euro-6-Fahrzeuge) profitieren sogar von einer Steuerentlastung, die höher ist als die zu zahlende Maut.
Darin hatte die österreichische Regierung einen Verstoß gegen das Unionsrecht gesehen. Sie argumentierte, dass die Entlastung für Halter inländischer Fahrzeuge in der Praxis dafür sorge, dass nur Fahrer von Fahrzeugen, die in anderen Mitgliedstaaten zugelassen seien, der Maut unterlägen. Das sei nichts anderes als eine Diskriminierung aus Gründen der Staatszugehörigkeit.
Zunächst hatte die EU-Kommission wegen der deutschen Infrastrukturabgabe ein Vertragsverletzungsverfahren gegen die Bundesregierung eingeleitet. Sie hatte es aber eingestellt, nachdem Berlin das Gesetz für die PKW-Maut leicht verändert hatte. Danach erhob Österreich beim EuGH Klage gegen Deutschland – einer der seltenen Fälle, in denen ein EU-Staat einen anderen vor das Gericht in Luxemburg zerrt.
Für den SPD-Abgeordneten im Europäischen Parlament (EP) Ismail Ertug ist „die Entscheidung ein falsches Signal". Der Chef der Sozialdemokraten und Sozialisten im EP-Verkehrsausschuss "hofft sehr, dass der EuGH den Empfehlungen nicht folgen wird und der Maut in ihrer derzeitigen Form eine Absage erteilen wird".
Michael Cramer, der verkehrspolitische Sprecher der Grünen im EP, kritisiert das Plädoyer des Generalanwalts ebenfalls. Er spricht von einer "europafeindlichen" deutschen Maut, die "den roten Teppich für nationale Alleingänge" ausbreite.
Dagegen freut sich der CSU-Abgeordnete im EP Markus Ferber. Endlich seien die europarechtlichen Bedenken gegen die deutsche Maut ausgeräumt. "Unser Mautsystem ist gerecht und sinnvoll."