EU-Behörde stellt BER-Flugrouten infrage

11. Januar 2013 zur Übersicht

Behörde: Für neue Routen über Müggelsee und Nuthe-Nieplitz fehlt die nötige Umweltprüfung. Ein Artikel von Thorsten Metzner, erschienen in den Potsdamer Neusten Nachrichten vom 11.01.2013

Potsdam - Neuer Paukenschlag um den Schönefelder Pannen-Flughafen: Diesmal geht es um die umstrittenen An- und Abflugrouten des künftigen BER. Die EU droht der Bundesrepublik Deutschland mit der Einleitung eines förmlichen Vertragsverletzungsverfahrens, weil die neuen Flugrouten über den Müggelsee oder die Nuthe-Nieplitz-Niederung gegen EU-Recht verstoßen. Das geht aus internen Brüsseler Dokumenten hervor, die den PNN vorliegen. Der Grund: Behörden der Generaldirektion Umwelt halten vom Planfeststellungsbeschluss abweichende, nämlich später geänderte Flugrouten, die über EU-Vogelschutzgebiete mit dem Status Flora-Fauna-Habitat (FHH) und Bestand von Fischadlern, Kranichen, Weißstöchen und Fledermäusen führen, nicht vom EU-Umweltrecht gedeckt. Und zwar deshalb, weil es anders als bei den alten Routen des Planfeststellungsbeschlusses hier keine Umweltverträglichkeitsprüfung gab. Hintergrund ist eine Beschwerde des Anti-Fluglärm-Bürgervereins Friedrichhagen und der Berliner Grünen Liga bei der EU.

Die Formulierung in dem Dokument vom 8. Januar.2013 ist eindeutig: „Die Kommissionsdienststellen sind der Auffassung, dass die Nichtberücksichtigung der endgültigen Flugrouten“ in der Umweltverträglichkeitsprüfung und der FFH-Vertraglickeitsprüfung „für den Ausbaus des Berliner Flughafens gegen die Richtlinien 2011/92/EU und 92/43/EWG verstößt und beabsichtigen die Einleitung eines Vertragsverletzungsverfahrens vorzuschlagen“. Ob es dazu kommt, hat die Kommission aber noch nicht entschieden. Der Vorgang, der am Donnerstag auch durch einen Bericht des ARD-Magazins „Kontraste“ für Wirbel sorgte, bringt mitten im BER-Fiasko weitere Unruhe. Welche Konsequenzen eine solche EU-Rüge haben könnte, blieb zunächst offen. Brandenburgs Verkehrsministerium und die Flughafengesellschaft verwiesen auf den für die Flugrouten zuständigen Bund. Das Bundesverkehrsministerium wollte die Drohung „nicht kommentieren, da dem Bund seitens der EU offiziell nichts vorliegt“, wie Sprecher Sebastian Rudolph sagte. Regierungskreise gehen jedoch davon aus, dass ein EU-Vertragsverletzungsverfahren sich über Jahre hinziehen könnte. Und noch sei unklar, ob es überhaupt dazu kommt.

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Doch wie Axel Raabe, Sprecher der Deutschen Flugsicherung (DFS), auf Anfrage bestätigte, wären weitreichende Konsequenzen nicht ausgeschlossen. Wenn sich die EU durchsetze, sagte Raab, müssten womöglich „entweder eine Prüfung der Routen nachgeholt oder die Flugrouten um den künftigen Flughafen noch einmal neu bestimmt, das Prozedere der Abstimmungen mit der Fluglärmkommission wiederholt werden“. Raab verwies darauf, dass die Flugrouten streng nach geltendem nationalem Recht geplant worden seien. Man müsse abwarten, wie die Bundesregierung mit einem Bescheid aus Brüssel umgehe. Raab wies darauf hin, dass die Flugrouten ein austariertes Gesamtsystem seien, nicht einzelne gestrichen werden könnten. Zudem sei es nicht sinnvoll, „wenn noch mehr Leute betroffen werden, um die Natur zu schützen.“

Der Berliner Grünen-Europaabgeordnete Michael Cramer rügte, dass die „zuständigen Behörden Berlins, Brandenburgs und des Bundes erneut schwere Fehler bei der Planung des BER gemacht“ haben. Dass man bei der einseitigen Veränderung der Flugrouten die Umwelt nicht berücksichtigt habe, stehe „in krassem Widerspruch zu europäischem Recht“, so Cramer. Er erinnerte daran, dass schon beim Lärmschutz gegen den Planfestellungsbeschluss verstoßen worden war, was erst durch das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg gestoppt wurde. Nun habe man bei den Flugrouten offenbar „Kosten sparen“, „Widerstände in der Bevölkerung vermneiden“ wollen und daher einen Rechtsbruch in Kauf genommen. Die Anwälte Wolfgang Baumann und Franziska Heß verwiesen darauf, rechtzeitig auf das Problem aufmerksam gemacht zu haben. Wenn es zu weiteren BER-Verzögerungen komme, trügen die Behörden dafür die Verwantwortung.