SCHRIFTLICHE ANFRAGE (1)
von Michael Cramer (Verts/ALE)
an die Kommission
E-3516/06
Betrifft: Einbindung des Luftverkehrs in den Emissionshandel
Die EU-Kommission erwägt, den Luftverkehr in das europäische Emissionshandelssystem einzubeziehen.
1. Welche Ergebnisse erwartet die Kommission zu dem Thema von der nächsten Generalversammlung der ICAO im Jahr 2007?
2. Wie bewertet die Kommission die Aussagen des Kyoto-Protokolls, wonach die ICAO ein alleiniges Mandat für die Entwicklung von Vorschlägen zur Einbindung des Luftverkehrs in den Post-Kyoto-Prozess hat?
3. Welche ökonomischen Auswirkungen erhofft sich die Kommission von einem Einbezug des Luftverkehrs in das europäische Emissionshandelssystem
a) auf die betroffenen Fluggesellschaften?
b) auf die bereits am Emissionshandel teilnehmenden Unternehmen?
c) auf die vom Luftverkehr abhängenden Industrien (insbesondere den Tourismus)?
4. Kann die Kommission abschätzen, welche Auswirkung ein Einbezug des Luftverkehrs in den Emissionshandel auf den Export und damit auch auf die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit Europas insgesamt hat?
5. Ist der Kommission bekannt, welche Auswirkungen ein Einbezug des Luftverkehrs auf die Preisentwicklung für CO2-Zertifikate im derzeitigen EU-Emissionshandel hat, insbesondere unter Berücksichtigung eines möglichen Multiplikators zur Erfassung aller Klimawirkungen des Luftverkehrs?
6. Wie schätzt die Kommission die sozialen Auswirkungen ein, die der EU-Emissionshandel für Fluggesellschaften auf die Arbeitsplatzentwicklung in diesem Sektor und sektorübergreifend hätte?
7. Erwartet die Kommission Ausweichreaktionen auf andere Verkehrsträger? Wenn ja, welche Auswirkungen würden diese nach sich ziehen?
8. Auf welche Weise will die Kommission Wettbewerbsverzerrungen innerhalb des Luftverkehrssektors und gegenüber anderen Verkehrsträgern vermeiden?
9. Welche Bemühungen unternimmt die Kommission, um einen globalen Ansatz für den Emissionshandel im Luftverkehr voranzutreiben?
SCHRIFTLICHE ANFRAGE (2)
von Michael Cramer (Verts/ALE)
an die Kommission
E-3517/06
Betrifft: Einbindung des Luftverkehrs in den Emissionshandel
Die EU-Kommission erwägt, den Luftverkehr in das europäische Emissionshandelssystem einzubeziehen.
1. Wie gedenkt die Kommission mit der Tatsache umzugehen, dass dem Luftverkehr keine alternativen Antriebsmöglichkeiten zur Verfügung stehen?
2. Wie beabsichtigt die Kommission, eine Kompatibilität mit dem Kyoto-Protokoll herzustellen, und für welchen Zeitpunkt hält die Kommission einen Einbezug des Luftverkehrs in das europäische Emissionshandelsystem für realistisch?
3. Auf welche Weise will die Kommission Fluggesellschaften aus Drittstaaten in den Emissionshandel einbeziehen? Wie soll in diesem Fall mit so genannten Code-Share-Flügen umgegangen werden?
4. Wie regelt die Kommission im Falle eines Einbezugs des Luftverkehrs in den Emissionshandel die Zuordnung von unverschuldeten Mehremissionen (z.B. Emissionen durch Warteschleifen an überfüllten Flughäfen, wetterbedingte Umwege, Umwege bedingt durch Air Traffic Management (ATM))?
5. Durch Verbesserungen des ATM innerhalb Europas könnten bis zu 8 % der Emissionen des Luftverkehrs vermieden werden. Welche Maßnahmen beabsichtigt die Kommission bis wann umzusetzen, um das ATM innerhalb Europas zu verbessern?
6. Welche ökologischen Auswirkungen erwartet die Kommission von einem Einbezug des Luftverkehrs in den Emissionshandel?
7. Ist der Kommission bekannt, wie hoch der Anteil des Luftverkehrs im Jahr 2030 wäre,
a) in einem "Business-as-usual-Szenario”?
b) bei einer Teilnahme am Emissionshandel?
c) bei Einführung einer dem Kfz-Verkehr adäquaten Kerosinsteuer?
8. Welche langfristigen Ziele (bis 2030) zur Emissionsreduktion will die Kommission dem europäischen Luftverkehr durch den Emissionshandel auferlegen?
9. Der Straßenverkehr verursacht über 80 % der verkehrsbedingten CO2-Emissionen. Wann ist damit zu rechnen, dass die Kommission weitere Verkehrsträger, insbesondere den Stra?enverkehr, in den Emissionshandel einbezieht?
Antwort von Herrn Dimas
im Namen der Kommission
9.11.2006 - E-3516/06DE
E-3517/06DE
Gemäß Artikel 2 Absatz 2 des Kyoto-Protokolls sind die Industrieländer verpflichtet, ihre Bemühungen um eine Begrenzung oder Reduktion der Emissionen aus dem Luftverkehr im Rahmen der Internationalen Zivilluftfahrt-Organisation (ICAO) fortzusetzen. Die bisherigen Maßnahmen im Rahmen der ICAO haben vor allem zu einer Verbesserung der Kenntnisse über die globalen Klimaauswirkungen des Luftverkehrs geführt. Artikel 2 Absatz 2 des Kyoto-Protokolls schließt nicht aus, dass ein Vertragspartner die Begrenzung oder Reduktion der Emissionen aus dem Luftverkehr mithilfe anderer Gremien anstrebt.
Bei ihrer letzten Vollversammlung im Jahr 2004 beschloss die ICAO, die Einrichtung einer globalen Emissionshandelsregelung auf der Grundlage eines neuen Rechtsinstruments unter Schirmherrschaft der ICAO nicht weiterzuverfolgen. Stattdessen forderte sie den ICAO-Rat auf, seine künftigen Arbeiten auf zwei Konzepte zu konzentrieren: freiwillige Emissionshandelsregelungen und die Einbeziehung des internationalen Luftverkehrs in die bestehenden einzelstaatlichen Regelungen. Der Ausschuss für Umweltschutz in der Luftfahrt (CAEP) des ICAO-Rates erarbeitet für die Länder, die die Luftfahrt in ihre Emissionshandelsregelungen einbeziehen wollen, einen Leitfaden, den der ICAO-Rat im Jahr 2007 annehmen soll. Die Europäische Union nimmt aktiv an diesem Prozess teil und arbeitet zusammen mit anderen Ländern an einer konstruktiven Lösung.
Die Kommission wird bis Ende 2006 einen Vorschlag vorlegen, wie die Luftfahrt in den EU-Emissionshandel einbezogen werden soll. Dabei stützt sie sich auf eine Folgenabschätzung, bei der die ökologische, soziale und wirtschaftliche Wirkung des Vorschlags, einschließlich Wettbewerbsaspekte, geprüft wird.
Der vorläufigen Folgenabschätzung zufolge, die der Mitteilung der Kommission über die Verringerung der Klimaauswirkungen des Luftverkehrs beilag, dürfte sich die Einbeziehung der Luftfahrt in den EU-Emissionshandel sowohl was das Wachstum des Bruttoinlandsprodukts (BIP), als auch was die Beschäftigung anbelangt, insgesamt nur wenig auf die europäische Wirtschaft und Wettbewerbsfähigkeit auswirken.
Für den Luftfahrtsektor dürfte sich dies im Wesentlichen in einem etwas gedämpfteren Nach¬frageanstieg niederschlagen. Welche Folgen eintreten, hängt vor allem vom Anwendungsbereich der Regelung, der Zahl der dem Luftfahrtsektor und anderen Sektoren zugewiesenen Emissionsrechte, dem Verteilungsmodus und dem Umfang ab, in dem die anfallenden Kosten auf die Kunden abgewälzt werden. Langfristig dürfte dieser Schritt außerdem in dem Maße neue Geschäftsmöglichkeiten für die Luftfahrtindustrie eröffnen, in dem die Fluggesellschaften nach mehr Treibstoffeffizienz streben.
Die Kommission arbeitet an einer Regelung, bei der Wettbewerbsverzerrungen möglichst minimiert werden. Sie ist der Auffassung, dass die Regelung ungeachtet des Nieder¬lassungslandes für alle Flugzeugbetreiber gelten sollte, die die unter die Regelung fallenden Strecken bedienen. Dadurch würde eine direkte Ungleichbehandlung von Luftfahrtgesellschaften, die die gleiche Strecke fliegen, vermieden. Mögliche zweitrangige Effekte auf die Wettbewerbsposition der EU-Luftfahrtunternehmen gegenüber Nicht-EU-Luftfahrtunternehmen werden im Rahmen der Folgenabschätzung weiter geprüft. Der Mitteilung der Kommission zufolge sollte das Ziel sein, "ein praktikables Modell für einen Emissionshandel in Europa bereitzustellen, welches erweitert oder weltweit dupliziert werden kann".
Außerdem lassen sich durch Verbesserungen des Flugverkehrsmanagements (z. B. optimierte Flugpfade, Vermeidung von Warteschleifen) der Treibstoffverbrauch und damit die Emissionen verringern. Ein besseres Flugverkehrsmanagement könnte die Treibstoffeffizienz insgesamt um schätzungsweise 6-12 % verbessern. Die Initiative zur Erforschung des Flugverkehrsmanagements im einheitlichen europäischen Luftraum (SESAR) ist angelaufen und wird dazu beitragen, diesbezüglich Lösungen zu finden.