Die Lübecker Nachrichten berichten über Michael Cramers Projekt Iron Curtain Trail.
Nein, Michael Cramer ist kein Phantast. Der Grünen-Politiker ist auf dem besten Weg, ein ungewöhnliches Projekt zu realisieren: In wenigen Jahren soll entlang des ehemaligen Eisernen Vorhangs ein Radwanderweg entstehen - von der norwegisch-russischen Grenze bis zur bulgarisch-türkischen Küste am Schwarzen Meer. Kern des Projekts "Iron Curtain Trail" iste in 1200 Kilometer langer deutsch-deutscher Radweg entlang des ehemaligen Todesstreifens. Ausgangspunkt der Route: Lübeck.
"Ich habe viele Gespräche mit Politikern darüber geführt", sagt der gebürtige Westfale Cramer, der vor seiner Polit-Laufbahn Sport- und Musiklehrer war. "Ich war überrascht, wie gut die Idee angenommen wird. Ich komme meinem großen Ziel immer näher." Vor allem, weil die Finanzierung steht: Kaum war der Grünen-Politiker 2004 ins europäische Parlament eingezogen, überzeugte er die EU davon, Fördermittel zum Ausbau des Radwegesystems bereitzustellen. In Vize-Kommissionspräsident Günter Verheugen fand er einen Fürsprecher.
Die geplante Route folgt verkehrsarmen Straßen oder autofreien Wegen und soll entlang des ehemaligen Todesstreifens möglichst oft zwischen Deutschland-Ost und Deutschland-West wechseln. "Der Radweg soll ein Stück Erinnerungskultur sein", sagte Cramer der LN. Ab auch ein Stück Naturerlebnis. Der deutsch-deutsche Radweg führt an 150 Naturschutzgebieten entlang, an den Biosphären-Reservaten Schaalsee, Elbaue und Rhön. Er passiert Denkmäler und Grenzlandmuseen genauso wie manchen noch verbliebenen Wachturm.
Seinen Anfang nimmt der deutsch-deutsche Radweg auf dem Travemünder Priwall. Er folgt auf Mecklenburger Seite der schmalen Straße, die nach der Wende auf dem ehemaligen Kolonnenweg der DDR-Grenztruppen entstanden ist. Vor Pötenitz geht es rechts ab in Richtung Dassow. Dort schlängelt sich die Route über Schloss Lütgenhof Richtung Schönberg. Von Petersberg führt der Weg über Lüdersdorf in westliche Richtung, schließlich sogar nach Norden weiter. "Das ist zwar ein Umweg. Aber ich wollte das Zollhaus-Museum in Schlutup genauso berücksichtigen wie eine Tour entlang der idyllischen Wakenitz" erklärt Cramer den mitunter schweißtreibenden Zickzack-Kurs. So führt der deutsch-deutsche Radweg ein zweites Mal in die Stadtgrenzen Lübecks. Von Schlutup geht es über Wesloe, Walderseestraße und Moltkebrücke an die Wakenitz. Via Eichholz führt der Weg schließlich zurück ins Mecklenburgische.
Wichtig ist Cramer, der die gesamte Strecke mit dem Rad abgefahren hat, eine einheitliche Beschilderung des Radwegs. Cramers erster Streich in Berlin ist übrigens längst realisiert. Dort hat er es nach fünfjährigen Bemühungen geschafft, dass der Mauerverlauf rund um West-Berlin heute als Rad- und Wanderweg erschlossen ist. Erst vor zwei Wochen wurden bestimmte Wege im Schlosspark Charlottenburg für den Radverkehr freigegeben.