Noch ist unklar, ob die im vergangenen Jahr beschlossene deutsche Pkw-Maut schon vom kommenden oder gar erst vom darauf folgenden Jahr an erhoben wird. Da droht ihr auch schon wieder die Abschaffung - zumindest, wenn es nach dem Europaparlament geht. Der federführende Verkehrsausschuss hat nun mit klarer Mehrheit beschlossen, dass die Staaten bis Ende 2025 Straßenbenutzungsgebühren für Pkw nur noch abhängig von der zurückgelegten Strecke erheben dürfen. Für Lastwagen soll das schon drei Jahre früher gelten. Auch der CO2-Ausstoß soll dann in die Höhe der Maut einfließen. Autobahnvignetten für einen bestimmten Zeitraum, wie sie die Bundesregierung einführen will, wären tabu. "Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer muss den Albtraum einer deutschen Maut beenden und sich für eine gerechte EU-weite Automaut einsetzen", sagte der Europaabgeordnete Michael Cramer (Grüne).
Die Europaabgeordneten verschärften mit dem Beschluss einen von der Europäischen Kommission vor einem Jahr vorgelegten Vorschlag, der den EU-Staaten bis Ende 2027 Zeit gegeben hätte, die Gebühren auf Grundlage der Entfernung zu erheben. Die Kommission hatte die Umstellung damit begründet, dass das gerechter für Nutzer sei. Damit die neuen Maut-Regeln in Kraft treten können, müssen neben dem Europaparlament auch die Mitgliedstaaten zustimmen. Im Ministerrat gibt es großen Widerstand: Neben Deutschland ist auch Österreich dagegen, wo es ebenfalls eine Vignettenpflicht gibt.
Im deutschen Fall ist der Widerstand politisch heikel, weil die Bundesregierung der Kommission im Gegenzug für die Einstellung des Vertragsverletzungsverfahrens gegen die deutsche Pkw-Maut zugesichert hatte, auf EU-Ebene für die Einführung eines streckenbasierten Systems zu werben. Der ehemalige Verkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) hatte das bestritten. Am Ende könnte den Gegnern der Kommissionspläne die Zeit in die Hände spielen. Wenn die neuen Regeln nicht bis zur Europawahl im Frühjahr 2019 verabschiedet sind, könnte die neue EU-Kommission sie anschließend zurückziehen.